Gaisburger Kirche

Seite zuletzt revidiert am 12.02.2022

Ein Kleinod im Stuttgarter Osten

Am 23. November 1913 wurde die (neue) Gaisburger Kirche eingeweiht. Erbaut von dem damals erst 29jährigen Architekten Martin Elsaesser. Er hatte den Wettbewerb der Evang. Kirche gewonnen (ausgelobt im Frühjahr / entschieden im Herbst 1910). Zur Vorgeschichte, Entstehung, Resonanz etc. siehe unten.

Porträt Martin Elsaesser von Käte Schaller-Härlin. Details siehe Stuttgart Gaisburger Kirche.

Käte Schaller-Härlin · Porträt Martin Elsaesser

Das Bild zeigt den Architekten Martin Elsaesser im Profil nach links. Offenbar sitzt der Dargestellte auf einem Stuhl über dessen Lehne er seinen rechten Arm legt. Das Bild ist unvollendet, die herunterhängende Hand nur angedeutet.
Das markante Profil, die charakteristische Qualität des Haars und die für Elsaesser typische Kleidung (Anzug mit Weste und Fliege) sind bis in Detail erfasst ohne jedoch im geringsten in Kleinteiligkeit zu verfallen. Im Gegenteil: die Malweise ist locker und großzügig, der Farbauftrag frei und unakademisch. Die Farbigkeit lebt aus dem Gegensatz zwischen den frischen Rosatönen des Karnats und dem leuchtenden Türkis des Hintergrundes. Über dem dunklen, fast schwarzen Anzug kommt die farbliche Frische dieser Bildteile umsomehr zur Geltung.
Das Bild ist zwischen 1905 und 1915 entstanden. Die Signatur mit dem Monogramm KSCHH würde für eine Entstehung nach dem Jahr 1911, dem Datum der Verheiratung mit Hans Otto Schaller sprechen (vor ihrer Verheiratung signierte die Malerin mit dem Monogramm KH), jedoch hat sie häufig Bilder auch nachträglich signiert.
Die Malerin zeigt in diesem außerordentlich qualitätvollen Bild ihr ganzes Können als Porträtistin. Obwohl während ihres ganzen Schaffens eng an den Gegenstand gebunden, überzeugen ihre besten Arbeiten durch eine Freiheit des Umgangs mit Farbe und Form, die gerade bei der Porträtmalerei der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht häufig ist.
Ulrike Barth

Quelle: Akten der KG Gaisburg

An der Ausgestaltung der Kirche hatten folgende KünstlerInnen maßgeblich Anteil:

Hermann Jung
Wolfgang Nida-Rümelin
Käte Schaller-Härlin
Christian Scheufele
Friedrich Weigle (Sohn)

Ausführlich hierzu unten (Ziff. 21).

Bei der Instandsetzung der Kriegsschäden kommen nach 1945 hinzu:
Helmuth Uhrig und Wolf-Dieter Kohler (neue Fenster)

Über die Entstehung der Kirche berichtet Klaus Pantle, ehemals Pfarrer an der Gaisburger Kirche, in einem großen Aufsatz: "Wie eine der elegantesten Kirchen Stuttgarts ins Wengerter- und Arbeiterdorf Gaisburg kam".
Erschienen in: "Die Evangelische Stadtpfarrkirche in Stuttgart-Gaisburg", Veröffentlichung des Archivs der Stadt Stuttgart, Band 86, Hohenheim Verlag 2001, S. 35 - 47. Text hier zum Download

Inhalt

Hinweise, Übersicht etc.

Das Alte Kirchlein mit Kirchstraße

1584 - 1913

Postkarte - nicht datiert

Verwiesen sei auf die Kirche St. Blasius in Holzelfingen, welche (außer Chor und Turm) 1908/09 von Martin Elsaesser neu erbaut wurde und in der sich Bilder von Käte Härlin (12 Jünger Jesu & 3 Fresken) sowie Schmuck des Altars durch Jakob Brüllmann befinden.

Außen 1 · Annäherung

Außen 2 · Turm

Außen 3 · Die vier Evangelisten (Symbole) auf dem Turm · Künstler: Christian Scheufele

4 · Die Glocken

Informationen zu den Glocken

Am 17. Oktober 1954 konnte die evangelische Kirchengemeinde Stuttgart-Gaisburg die Weihe von vier neuen Glocken begehen. Es ist das dritte Geläute. Das erste Geläute kam bei der Einweihung der Kirche im Jahre 1913 auf den Turm und blieb bis zum Jahre 1917, also nur 4 Jahre. Das zweite Geläute wurde 1923 beschafft und blieb bis zum Jahre 1943, also 20 Jahre. Alle drei Geläute wurden von der Glockengiesserei Kurtz Stuttgart, hergestellt.
Einzelangaben über die Glocken:

Glocke

Name

Ton

Durchmesser

Gewicht

Inschrift

1

Herrenglocke

Des

146,6 cm

1968 kg

Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit

2

Betglocke

F

115,1 cm

931 kg

Dein Name werde geheiligt

3

Kreuzglocke

As

96,7 cm

552 kg

Dein Reich komme

4

Taufglocke

B

85,8 cm

387 kg

 

Die Tonfolge Des - F - As - B ergibt den Anfang des Chorales „Wachet auf! ruft uns die Stimme“. Nach dem dritten Vers dieses Chorales wird das ganze Geläute »Gloria-Geläute« genannt.

Auf jeder Glocke befindet sich als Symbol ein einfaches Kreuz.

Rechts: Klick ins Bild vergrößert

Fotos von der Glockenweihe 1954

5a · Rundblick vom Turm (8 Bilder) im Uhrzeigersinn

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5b · Einzelbilder

6 · Turmfassade

6 · Turmfassade mit Moses, David und Paulus · Künstler: Christian Scheufele

7 · Seitenfassade mit 2 Plastiken · Künstler: Christian Scheufele

8 · Außen Details

Kapitelle und Sockel von Christian Scheufele. Schmiedeeisen-Arbeiten und Türen: Handwerker/Künstler bislang nicht nachweisbar.

9 · Exkurs · Der Wettbewerb 1910 und seine Resonanz in der Fachpresse

Am 31.05.1910 erschien die Ausschreibung eines Wettbewerbs:

„Die evangelische Gesamtkirchengemeinde Stuttgart beabsichtigt, in Gaisburg eine Kirche zu erbauen. Zur Einreichung von Plänen werden im Stadtdirektionsbezirk Stuttgart ansässigen Architekten eingeladen.“ (Deutsche Konkurrenzen/Konkurrenz-Nachrichten. Beiblatt zu den Deutschen Konkurrenzen Nr. 194/1910/31. Januar).

65 Entwürfe wurden eingereicht. Das u.a. mit Oberbürgermeister von Gauss, dem Oberkonsistorialrat und späteren Kirchenpräsidenten D.Dr. Merz und Prof. Theodor Fischer äußerst prominent besetzte Preisrichtergremium prämierte drei Entwürfe: Martin Elsässer, der zwei Entwürfe eingereicht hatte, bekam gemeinsam mit dem Entwurf von Böklin/Feil einen zweiten Platz, sowie mit seinem zweiten Entwurf einen dritten Platz zugesprochen. Am 21.09.1910 wurden die prämierten Entwürfe in der „Burg“ ausgestellt und diskutiert.

Es war aber v.a. der Gaisburger Kirchengemeinderat, der einmütig Mut bewies und in seiner Sitzung am 16.10.1910 einstimmig für den Entwurf „Ovaler Raum“ votierte. Es sollte aber noch über ein Jahr vergehen, bis der Engere Rat der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart am 18.11.1911 mit 42 zu 12 Stimmen den Beschluß des Gaisburger Kirchengemeinderates bestätigte und den Bauauftrag erteilte.

Quelle: Klaus Pantle

Das Protokoll der oben erwähnten Kirchengemeinderats-Sitzung hat sich erhalten. Scan 9 Seiten hier zum Download. Es ist in Sütterlin geschrieben und ausgiebig kommentiert / korrigiert von fremder Hand. Leider kann ich beide Handschriften nicht lesen. Sollte jemand in der Lage sein, eine Transkription herzustellen, wäre ich darüber sehr sehr dankbar.

Der beiden Entwürfe von Martin Elsaesser wurden in der "Architektonischen Rundschau" 1911 vorgestellt:

Der andere 2. Preis, der an die Architekten Böklen und Feil ging, wurde im "Christlichen Kunstblatt" 1910, Heft 52 vorgestellt:

Bericht in der "Norddeutschen Bauzeitung von 1915

In der Buchpublikation "Stätten der Weihe" von 1919 wird die Gaisburger Kirche vielfach erwähnt und zahlreiche Bilder präsentiert. Scan der entsprechenden Seite hier zum Download

Resonanz in der Tagespresse auf den Wettbewerb und die Entscheidung der Jury siehe unten

10 · Grundrisse & Längsschnitt aus dem Baugesuch

Im Archiv der Kirchengemeinde befinden sich Fotokopien des Baugesuchs 1912, darunter auch viele Grundrisse, Längs- und Querschnitte. Nachfolgend die Grundrisse des UG, Schiff und Empore sowie ein Längsschnitt:

    • Untergeschoss

    • Schiff

    • Empore

    • Längsschnitt

11.1 · Historische Fotos (aus dem Archiv von Klaus Pantle)

11.2 · Ein historisches Foto

Dieses kolorierte Foto des "Krieger-Verein Stuttgart-Gaisburg / 1872 - 1913" hängt in der Sakristei der Gaisburger Kirche.
Unten drei Vergrößerungen / Ausschnitte. (Klick ins Bild vergrößert)

12 · Innen · Gesamtansichten - Diashow (22 Bilder)

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13 · Die Hauptstücke 1: Altar - Diashow (23 Bilder)

Geschaffen von Christian Scheufele. Material: Trachyt-Tuffstein aus dem Nördlinger Ries.

Die Altar-Platte wird getragen von:

links vorne: Josef (in der linken Hand 2 Tauben)
links hinten: Maria
rechts vorne: Simeon
rechts hinten: Hannah

Bezug: Darstellung im Tempel (Lk 2, 22 - 40)

2 Predigten von Klaus Pantle über den Altar hier zum Download

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14 · Die Hauptstücke 2: Kanzel, Taufstein, Ambo - Diashow (16 Bilder)

Geschaffen von Christian Scheufele. Material: Trachyt-Tuffstein aus dem Nördlinger Ries.

Aus dem Kirchenführer von 1989 "Kirche im Dorf" über die Kanzel:
Gewichtig steht die Kanzel aus Nördlinger Muschelkalk im Raum, tief eingemeißelt das Gesicht Jesu mit der Dornenkrone, die aber auch ein Königsreif sein kann. ...
Zur Kanzel gehörend die Hälfte einer Szene aus dem Abrahamleben. Abraham wollte Gott seinen Sohn Isaak opfern, aber der Engel Gottes kam und hinderte ihn und wies ihn auf den Widder als Stellvertreter für den Sohn. Sehr eindrucksvoll der Engel mit seinem ägyptischen Gesicht, die Flügel mit der Kanzel verschmolzen, und großartig der Widder, für Christen der Hinweis auf Christus.
Auf Konsolen unten an der Kanzel winzig klein verschiedene Tiere, welche verdeutlichen sollen, wie der Christ auf das Wort Gottes reagieren kann:
eine Spinne mit einem Kreuz auf dem Rücken frißt eine Biene und läßt sich den Honig nicht entgehen, ein Vogel pickt aus einer Weintraube die guten Trauben heraus, ein Frosch sitzt auf einem Blatt und hat das Maul weit geöffnet zum Lobgesang, zwei Fische, Fische lassen sich fangen, die Apostel sind ja Menschenfischer, eine Schnecke, die ihr Haus mit sich trägt: sie kehrt da ein, wo sie zu Hause ist.

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15 · Der Hl. Martin und der Hl. Georg - Diashow (9 Bilder)

Geschaffen von Hermann Jung. Material: Trachyt-Tuffstein aus dem Nördlinger Ries.

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16 · „Die Drei Orgeln“ der Gaisburger Kirche

von Jörg Halubek

Am 22. November 1913 wurde mit der neuerbauten Gaisburger Kirche auch die dreiteilige Orgel der Stuttgarter Firma Weigle eingeweiht. Die Orgel sollte sich architektonisch in den Kirchenbau einpassen und wurde vorne an der linken und rechten Seite des Chorrraums sowie hinten auf der zweiten Empore aufgebaut. Jedes dieser drei Werke sollte in sich klanglich geschlossen und von einem Spieltisch aus zu bedienen sein. Die neuen technischen Errungenschaften im Orgelbau machten es mittels elektropneumatischer Steuerung möglich, von einem Spieltisch aus alle drei Werke anzuspielen. Der Spieltisch wurde unter dem hinteren Werk auf der unteren Empore aufgestellt. Diese Dreiteilung ermöglicht dem Organisten verschiedene Raumklangeffekte gerade im Bereich der Orgelimprovisation zu erzeugen. Komponierte Musik kann man ebenso gut im Raum verteilen. So lassen sich bei frühbarocker Orgelmusik (z.B. J.P.Sweelinck: Echo-Fantasien) komponierte Echo-Stellen mit dem Fernwerk naturalistisch im Rücken der Zuhörer darstellen. Ebensogut lassen sich romantische Ideen auf eindrucksvolle Weise verwirklichen. Spielen alle drei Werke zusammen sitzt der Hörer mitten im Klang. Er nimmt die Musik sozusagen nicht rein äußerlich wahr sondern wird von ihr umhüllt und körperlich fühlbar mit getragen. Bei komplizierten Fugen von Max Reger können die Einsätze von den Themen nicht nur dynamisch sondern auch räumlich hervorgehoben werden. Leise und mystische Stellen kommen aus der Ferne, wenn man sie mit dem Echowerk gestaltet.

Grundriss Erdgeschoß

Grundriss Empore

Im weiteren Verlauf berichtet Jörg Halubek über das Schicksal der Orgel, insbesondere über die in den 1970er Jahren durchgeführte Veränderung, dem damaligen Zeitgeist entsprechend. Der ganze Text hier zum Download. Dort ist auch neben der originalen Disposition von 1913 die heutige notiert.

Mit großem Elan wurde Anfang des neuen Jahrhunderts ein Verein gegründet mit dem Ziel, die Orgel wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuführen. Mit dem Weggang von Halubek von Gaisburg kam das Vorhaben ins Stocken. Nur das Fernwerk (III) wurde restauriert, die beiden Hauptwerke sind noch im Zustand 1976. Nun (2018) wird ein neuer Versuch unternommen, Unterstützer zur Sanierung / Restaurierung der beiden Hauptwerke zu gewinnen.

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Blick zum Chor

links Orgel I und Spieltisch - rechts Orgel II

Blick zu den Emporen

Orgel III auf Empore 2 - früher (1913 - 1976) stand der Spieltisch direkt darunter auf Empore 1

Orgel I Hauptwerk (vorne links)

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Orgel II Schwellwerk (vorne rechts)

Prospekt etc. spiegelbildlich identisch zu Orgel I, daher keine Detailaufnahmen

Orgel III Fernwerk (auf Empore 2)

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17.1 · Stukkaturen innen von Wolfgang Nida Rümelin

Christus Monogramme

Wolfgang Nida Rümelin schmückt die Räume zwischen den Pilastern im Wechsel mit den beiden Christus-Monogrammen XP und IHS. Hierzu aus Wikipedia:
Das Christusmonogramm besteht aus den beiden, übereinander geschriebenen griechischen Buchstaben Χ (Chi, gesprochen: ch) und Ρ (Rho, gesprochen: r), ungefähr in folgender Form: ☧. Es wird auch Chi-Rho oder Konstantinisches Kreuz genannt, früher auch Christogramm. Es handelt sich um die ersten beiden Buchstaben des griechischen Wortes Χριστός, Christós (Christus). ...
Ein weiteres, wesentlich späteres Kürzel für Jesus Christus ist das Nomen sacrum IHS. Es besteht aus der Buchstabenfolge (Transkription) der beiden ersten griechischen Buchstaben Iota, Eta und des letzten Buchstabens Sigma des Namens „Jesus“.

Im Chor finden wir unter den beiden Orgel-Prospekten die Symbole der vier Evangelisten (wobei Nida-Rümelin fälschlicherweise zu Johannes den Engel und zu Matthäus den Adler zuordnet) und an der Brüstung der Empore 1 christliche Symbole und Sinnsprüche:

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17.2 Die ovale Decke mit Stukkaturen

Eine Bombe durchschlug das Dach, ging vor dem Altar nieder, war aber glücklicherweise ein Blindgänger. Durch den Luftdruck der Sprengbomben wurde das Dach abgedeckt, sodass die schöne Decke vom Regen durchweicht herunterbrach.
aus dem Bericht von Vikar Friedrich Grießhaber über die Kriegszerstörungen. Ausführlicher siehe unten 25. Über "diese schöne Decke" finden wir in den Akten der KG eine Beschreibung aus dem Jahr 1930

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Auf einer CD-ROM in den Akten der KG befindet sich ein Foto (das diesbezüglich leider einzige), das Teile der Decke zeigt mit knapp der Hälfte der Apostel:

Aus der Baubeschreibung der Evang. Kirchenpflege Stgt. v. 30.7.30

An flachgewölbter Ovaldecke im Mittelschiff in Stuck angebracht: Christus und seine 12 Jünger.

Oben im Oval:

Jesu Christus, das Antlitz gegen die Orgel gerichtet.
Rechts kniet sein Lieblingsjünger Johannes
Links ist Andreas, er zieht einen Fisch zu sich heran, um seinen Beruf zu zeigen
Darunter ist Philippus. Er hält beide Hände hoch erhoben und blickt ehrfurchtsvoll zu seinem Herrn und Meister hinauf.
Thomas sitzt mit übereinandergeschlagenen Beinen und hält vor sich hinsinnend seinen langen Bart.
Judas Thaddäus sitzt und hält in der rechten Hand das alte Testament, die linke Hand ist über die Brust gelegt.
Jakobus der Ältere hat die Hände auf der Brust gekreuzt. Er trägt einen Vollbart. Von der rechten Seite fliegt ihm ein Adler entgegen.
Judas Jschariot ist furchtsamer Haltung, weil eine Schlange von rechts auf ihn zukommt. Links von ihm hängt ein Strick mit langer Schleife von einem Baum herab.
Simon sitzt mit auf den Knien gefalteten Händen. Von links fliegt ein Vogel heran.
Jakobus der Jüngere hat die Hände in den Schoß gelegt und sieht sinnend zu seinem Herrn empor.
Matthäus sitzt in bequemer Haltung, die rechte Hand ist auf das Knie gelegt, die linke an der Brust.
Bartholomäus hat die gleiche Haltung wie Matthäus.
Petrus blickt mit vor der Brust gekreuzten Armen auf seinen Herrn, der ihm einen Hahn entgegen schickt.

[Kürzel]

Am linken Rand quer geschrieben (andere Handschrift):
Herrn Pfr. Riethmüller auf den Artikel im Gemeindeblatt. Frdl. Gruß E. Kienle
Darunter (andere Handschrift):
Gemacht von Nida-Rümelin aus Linz

Quelle: Akten der KG Gaisburg

handschriftlicher Begleitbrief:

25. Sept. 2002

Lieber Klaus,

habe grad ein bißle Papier durchgeblättert, Gemeindebriefe und so, ob ich was über den Eugen Kienle finde.
Jetzt schicke ich Dir, was er mir mal über Jesus und die Apostel im Oval der Decke aufgeschrieben hat.
Mir hat mal einer, der den Elsässer noch gekannt hat, erklärt, daß man die Wand von der Frau Härlin nicht deuten könne, ohne Jesus und die Jünger als eine Art Abendmahlsgesellschaft über dem Altar, - um den die Leute ja rumstanden und hinten rumgingen – dazu zu denken. Der Nida-Rümelin sei dem Elsässer und der Frau Härlin überaus wichtig gewesen. Und es muß schon einen starken Eindruck gemacht haben, wenn das Abendmahl im himmlischen Oval über dem Weltkuttelmuttel an der Wand zu sehen war.

Herzliche Grüße
Hans Martin.

18 · Fresken im Chor von Käte Schaller-Härlin

Kurzbiographie

19.10.1877 in Mangalore (Indien) geboren
1881 – 1893 Kindheit und Jugend in Göppingen, Massenbach, Gruibingen
1894 – 1899 Uhlbach (bei Stuttgart), Unterricht an der Kunstakademie
1900 – 1901 Studium in München
1903 – 1906 Italienaufenthalte, wieder in Stuttgart
1907 – 1908 erste Arbeiten in Kirchen
1909 Stuttgart & Paris. Apostelbilder Holzelfingen St. Blasius-Kirche
1910 Paris. Baden-Baden Lichtental Lutherkirche
1911 offizielle Verlobung & Heirat mit Hans Otto Schaller. Tübingen Erlöserkirche
1913 Ausmalung der Apsis der Gaisburger Kirche
1916 Oberndorf a.N. Glasfenster
1917 Hans Otto Schaller im Krieg gefallen
1918 Oberesslingen Evang. Martinskirche Glasfenster
1926 Stuttgart-Rohr Laurentiuskirche Glasfenster
1930 Bodelshausen Dionysuskirche Glasfenster

Seit 1920er Jahre Schwerpunkt auf der Porträtmalerei.

09.05.1973 Tod

Eine ausführliche Biographie findet man in dem ausgezeichneten Buch von Carla Heussler:
Zwischen Avantgarde und Tradition. Die Malerin Käte Schaller-Härlin.
Verlag Belser Stuttgart 2017

Gesamtschau

Diashow (6 Bilder)

mit den 4 Vertikalen (10 Gebote | Altes Testament | Neues Testament | Vater unser)
und den 5 Bildern darüber

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Die Bilder von Käte Schaller-Härlin werden in allen Publikationen ausführlich gewürdigt (s.u.).
Aus Anlaß des 125. Geburtstages der Künstlerin veranstaltete der damalige Pfarrer, Klaus Pantle 2001/2002 eine große Ausstellung zu "KSH", führte in ihr Werk in mehreren Vorträgen, zwei davon gemeinsam mit Christa Maysenhölder ein und konzipierte eine umfangreiche Predigtreihe. Hier zum Download (weitere bei den einzelnen Bildern):

Klaus Pantle, Die Wandmalereien an der Altarwand

Dr. Matthias Ahrens, Die Wandmalereien an der Altarwand - Predigt am 10.09.2000

Das himmlische Jerusalem · Ein Abbild in Gaisburg - Klaus Pantle & Christa Maysenhölder 15.11.2001

Käte Schaller-Härlin und Martin Elsässer · Die Künstlerin und ihr Architekt - Klaus Pantle & Christa Maysenhölder 20.11.2002

Lambert Auer, Predigt zum 125. Geburtstag von Käte Schaller-Härlin am 20.10.2002

Zur Ausstellung notierte Getrud Werner u.a.:
Was hat Käte Schaller-Härlin veranlasst die Fresken so zu gestalten und diese Szenen auszuwählen?
In den Protokollen zum Bau der Gaisburger Kirche ist kein Hinweis zu entdecken, wer und was die Auswahl und Gestaltung der Bilder beeinflusst hat. So kann man wohl annehmen, dass ein Entwurf der Künstlerin Gefallen fand und zur Ausführung kam. Schaut man sich die linke Bildwand an, so bemerkt man, dass die Szenen des Alten Testamentes alle aus 1. Mose, der Genesis, stammen; also nur einen kleinen, sehr kleinen Ausschnitt des Alten Testamentes umfassen. In einem Dreieck über der Bildwand ist die Szene mit der Schlange am Kreuz aus 4. Mose, dem Buch Numeri, zu sehen, – zusammen mit dem Text der zehn Gebote an der äußeren linken Chorwand aus 2. Mose, dem Buch Exodus, – haben keine weiteren Bücher des Alten Testamentes Eingang in diese Chorfresken gefunden. Und doch sind alle Aussagen des ersten Teils der Bibel abgebildet: Gott als Schöpfer aller Dinge, Gott als konsequenter "Vater", Gott als geduldiger Menschenfreund. Auch der rechte Teil der Bildwand, der dem Neuen Testament gewidmet ist, zeigt nur Szenen aus dem Leben Christi und damit nur Szenen aus einem Teil des Neuen Testamentes. Aber auch hier sind alle Hauptaspekte der christlichen Lehre in Bilder umgesetzt: Christus als Menschenkind, Christus als Getaufter, Christus der Wundertäter, und im Dreieck über der Wand der gekreuzigte Christus, rechts davon die Auferstehung und als Abschluss dieser Wandseite das Vaterunser.
Alles Unwesentliche ist weggelassen. Die Bücher Mose sind die ältesten der Bibel und die Evangelien das Herzstück des Neuen Testamentes. So kann man mit Recht sagen, dass diese Chorwand von Käte Schaller-Härlin in ihrer Aussage unseren christlichen Glauben umfasst.

18.1 Die zehn Gebote

(1) Und Gott redete alle diese Worte:

1 (2) Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus dem Diensthause, geführt habe. (3) Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. (4) Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist. (5) Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifriger Gott, der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied, die mich hassen; (6) und tue Barmherzigkeit an vielen Tausenden, die mich liebhaben und meine Gebote halten.

2 (7) Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.

3 (8) Gedenke des Sabbattags, daß Du ihn heiligest. (9) Sechs Tage sollst du arbeiten und alle dein Dinge beschicken; (10) aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes; da sollst du kein Werk tun noch dein Sohn noch deine Tochter noch dein Knecht noch deine Magd noch dein Vieh noch dein Fremdling, der in deinen Toren ist. (11) Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn.

4 (12) Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß du lange lebest in dem Lande, daß dir der HERR, dein Gott, gibt.

5 (13) Du sollst nicht töten.

6 (14) Du sollst nicht ehebrechen.

7 (15) Du sollst nicht stehlen.

8 (16) Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

9 (17) Laß dich nicht gelüsten deines Nächsten Hauses.

10 Laß dich nicht gelüsten deines Nächsten Weibes, noch seines Knechtes noch seiner Magd, noch seines Ochsen noch seines Esels, noch alles, was dein Nächster hat.

2. Mose 20, 1 – 17 (Luther-Bibel 1912) In Fettschrift: Text von Schaller-Härlin übernommen

18.2 Das Vater unser

9 Darum sollt ihr also beten:

Unser Vater in dem Himmel! Dein Name werde geheiligt.

10 Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel.

11 Unser täglich Brot gib uns heute.

12 Und vergib uns unsere Schuld, wie wir unseren Schuldigern vergeben.

13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Matthäus Kap. 6, Vers 9 – 13 (Luther-Bibel 1912)
Wahrscheinlich ist der Schreibfehler in Vers 13 (denn dein ist das Reish) bei der Restaurierung 1975 entstanden und wurde nicht korrigiert

18.3 Bilderschema

Eingerahmt werden die Bilder von den beiden Text-Säulen links und rechts (Zehn Gebote [ZG] / Vater unser [VU]).

Danach folgen links 6 Bilder auf Motiven aus dem Alten Testament [a1 - a6], daneben 6 Bilder zum Neuen Testament [n1 - n6]. Bekrönt werden sie von 5 Bildern in gleichschenkligen Dreiecken, die vom Alten zum Neuen Testament führen [A - E]:

A Die Schöpfung · B Anbetung der ehernen Schlange · C Anbetung des Kindes · D Kreuzigung · E Die drei Marien am Grab

Altes Testament

a1 Der Sündenfall
a2 Vertreibung aus dem Paradies
a3 Adam und Eva bei der Arbeit
a4 Kain und Abel
a5 Die Sintflut
a6 Noahs Dankopfer

Neues Testament

n1 Verkündigung an Maria
n2 Anbetung der Könige
n3 Flucht nach Ägypten
n4 Taufe Christi
n5 Auferweckung des 12jährigen Mädchens
n6 Christus am Ölberg

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18.4 · Die 5 Bilder (A - E) oben

    • A Die Schöpfung · B Anbetung der ehernen Schlange · C Anbetung des Kindes ·

    • C Anbetung des Kindes · D Kreuzigung · E Die drei Marien am Grab

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Über vier der fünf Bilder wurde im Rahmen der großen Predigtreihe 2000-2002 nachgedacht. Texte hier zum Download:

B Anbetung der ehernen Schlange · C Anbetung des Kindes · D Kreuzigung · E Die drei Marien am Grab · E Die drei Marien am Grab Predigt Pantle 24.11.2002

18.5 · Die 6 Bilder links: Szenen aus dem Alten Testament

a1 Der Sündenfall · a2 Vertreibung aus dem Paradies
a3 Adam und Eva bei der Arbeit · a4 Kain und Abel
a5 Die Sintflut · a6 Noahs Dankopfer

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Im Rahmen der großen Predigtreihe 2001/2002 zum Download:
Predigt Ahrens 20.05.2001 zu Bilder a5 + a6 "Die Sintflut" · Predigt Ahrens zu a5 + a6 am 02.12.2002

18.6 · Die 6 Bilder rechts: Szenen aus dem Neuen Testament

n1 Verkündigung an Maria · n2 Anbetung der Könige
n3 Flucht nach Ägypten · n4 Taufe Christi
n5 Auferweckung des 12jährigen Mädchens · n6 Christus am Ölberg

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Über zwei der sechs Bilder wurde im Rahmen der großen Predigtreihe 2000/2001 nachgedacht. Texte hier zum Download:

n4 Taufe Christi · n6 Christus am Ölberg

18.7 · Vorarbeiten

In der oben schon erwähnten Biographie von Dr. Carla Heussler findet man ausführliche Hinweise auch auf Vorarbeiten von Schaller-Härlin zu Aufbau und Inhalt der Fresken im Chor (S. 133 + 134). Heussler entdeckte im Nachlaß Schaller-Härlin (aufbewahrt im Stadtarchiv der Stadt Stuttgart) einen "Karton" - Format ca. 588 x 400 mm, auf dem 14 kleine Entwürfe (ca. 75 x 65 mm) aufgeklebt sind:

In der Mitte oben und unten zwei Entwürfe, die später in der horizontale Reihe übernommen wurden: Erschaffung der Welt & Anbetung der ehrenen Schlange. Links und rechts je 6 Bilder in 3 Reihen à 2, links Szenen aus dem Neuen, rechts aus dem Alten Testament:

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Neues Testament

Altes Testament

In der endgültigen Gestalt wurden die Seiten vertauscht, also links Altes, rechts Neues Testament.

Nachfolgend sind die Entwürfe den Bildern in ihrer endgültigen Fassung gegenübergestellt - in der Reihenfolge. Oben - Altes Testament - Neues Testament

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19.1 · Fenster im Chor

Die originalen Fenster im Chor nach Entwürfen von Käte Schaller-Härlin wurden 1944 zerstört. In "Der Protestantismus der Gegenwart" - 1926 herausgegeben von Stadtpfarrer Dr. Gotthilf Adolf Schenkel - findet man auf S. 225 ein Foto der Chor-Apsis, auf dem man die ursprüngliche Fenstergestaltung - im Wechselspiel zu den Fresken - gut erkennen kann (über der Kanzel rechts und dem Taufstein - hier noch links - sind die originalen, später entfernten Schalldeckel zu sehen).

Nach dem Krieg wurden sie durch Fenster ersetzt, die der Glasmaler Helmuth Uhrig gestaltete. Hierzu (Download)
- Brief von Helmuth Uhrig an OKR Kopp vom 22.01.1949
- Briefe vom 27.11./04.12.1957 von/an Pfarrer Maurer.
Leider war in allen Unterlagen kein Gesamtbild / Farbbild / Beschreibung dieser Fenster zu finden. Einzig ein sw-Foto des Altars - geschmückt zum Erntedankfest 1950 [?] - läßt die Gestaltung erahnen:
(Klick in Bild vergrößert)

Diese wurden 1963 durch farbige Glasfenster von Wolf-Helmut Kohler ersetzt:

    • Links

    • Mitte

    • Rechts

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An diesen Fenstern entzündete sich eine heftige, jahrelange Diskussion, ob die Fresken von Schaller-Härlin abgedeckt / übertüncht werden sollten, die Kohler-Fenster abgedunkelt werden müssten, der Gesamtbereich Altar / Kanzel völlig neu gestaltet werden soll. Einige Dokumente aus dem Archiv der Kirchgemeinde aus den Jahren 1975 - 1994 hier zum Download.

Letztendlich wurden die Kohler-Fenster wieder entfernt. In einem Schreiben des Pfarramts vom 27.1.1993 – Pfarrer Riethmüller an Frau Klostermann vom Landesdenkmalamt – wird um Beratung bezüglich der Wahl des Glases gebeten, da die Intention besteht, die Fenster im Chorraum wieder in einer der Originalgestalt angeglichenen Form zu erneuern…: „Prof. Cremer, Düsseldorf hat einen maßstabgerechten Entwurf gezeichnet“.
Die Ausführung erfolgte dann durch die Werkstatt für Kunstverglasung „Gaiser und Fieber“, damals noch mit Sitz in Stuttgart (mittlerweile Esslingen), mit Kosten ca. 27.000,00 DM. Ein Angebot der Werkstatt vom Febr. 1993 ist bei den Akten vorhanden, jedoch keine Schlussrechnung.
Siegfried Cremer (*1929): 1964 – 77 Leiter der Restaurierungswerkstatt des Staatsgalerie Stuttgart, 1977 – 1994 Professur für Maltechnik an der Kunstakademie Düsseldorf.
Dank an Kirchenrat Reinhard Lambert Auer M.A., Kunstbeauftragter der evangelischen Landeskirche Württemberg, für diese Recherche.

Die Kohler-Fenster haben bislang noch keinen neuen Platz gefunden...

Die heutigen Fenster lehnen sich an das Original von 1913 an, wobei aber die außerordentlich wichtige theologische Aussage des Palmbaumes nicht übernommen wurde:

Original 1913

Fenster heute

19.2 · Details... Treppenhaus, Ornamente, Türen, Licht

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20 · Vorraum mit Kunstwerken aus der alten Kirche

Im Vorraum der Kirche - von Martin Elsaesser als Konfirmandensaal geplant - sind vier Statuen und eine Apostelgruppe aufgestellt, die sich aus der alten Kirche erhalten haben. Dazu der ehemalige Taufstein. An der rechten Wand das (undatierte) Elsaesser-Porträt von Käte Schaller-Härlin.

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20.1 · Figuren aus dem „Gaisburger Hochaltar"

In der vergleichsweise schlichten alten Gaisburger Kirche (1500/1584 erweitert, 1913 abgerissen) stand ein prächtiger spätgotischer Hochaltar (1520: große Figuren, 1525: Apostelgruppe aus der Esslinger oder Stuttgarter Schule). Über seine Herkunft und eine eventuelle Stiftung ist nichts bekannt. Die noch vorhandenen Teile sind heute im Foyer ausgestellt.

Er bestand ursprünglich aus fünf großen Figuren mit Maria im Zentrum (sie präsentiert das Kind als Herrn, nährt es mit einer Frucht und steht auf der Mondsichel als Himmelskönigin), links befindet sich die Hl. Barbara (die Patronin der alten Gaisburger Kirche, Königstochter aus Nikomedien, Märtyrerin, mit den verlorenen Attributen Kelch und Palmzweig in Händen; sie gehört zu den 14 Nothelfern als Beistand für Sterbende und gilt als Heilige der Bergleute, Glöckner und Architekten), rechts steht die Hl. Odilie (blindgeborene elsässische Herzogstochter, die vom Vater mit dem Tod bedroht, gerettet und danach mit dem Kloster Odilienberg im Elsass beschenkt wurde; sie trägt die Attribute Äbtissinnengewand, ein Buch, auf dem zwei Augen liegen und gilt als Heilige der Blinden). Daneben standen rechts und links jeweils noch eine weitere Figur, von denen eine verloren ist (die ursprünglich dargestellte Person ist unbekannt), eine den noch erhaltenen Hl. Jodokus darstellt (bretonischer Königssohn, er wurde nach seinem Thronverzicht Pilger und trägt die Attribute Buch, Wanderstock, Umhängetasche und Hut mit Krempe).

Das spätgotische, geschnitzte Gesprenge ist ebenso verloren wie die beiden bemalten Tafeln, die ursprünglich zum Auf- und Zuklappen rechts und links angebracht waren. Die großen Figuren wurden vermutlich um 1862 von der Gemeinde der durch König Wilhelm I. neu gegründeten „Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Alterthumsdenkmale" (heutiges Württembergisches Landesmuseum) geschenkt und 1968 vom Württembergischen Landesmuseum der Gaisburger Kirche als Dauerleihgabe überlassen.

Quelle: Kleiner Kirchenführer 2005

Nachdrücklich verwiesen sei auf das Buch aus dem Jahr 2001 "Die Evangelische Stadtpfarrkirche in Stuttgart-Gaisburg" (hg. von Roland Müller) in welchem ab S. 73 Karl Halbauer ausführlich über "Die spätmittelalterlichen Skulpturen in der Gaisburger Kirche" schreibt, sowie Jochen Ansel ab S. 99 "Die Untersuchung und Restaurierung der Apostelgruuppen" darstellt.

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20.2 · Die „Gaisburger Apostelgruppe"

Die Figur des Jodokus war im Besitz der Gemeinde geblieben - ebenso wie die „Gaisburger Apostelgruppe". Diese war ursprünglich in der Predella des Hochaltars (auf Altartischhöhe) in einen rechteckigen Kasten eingefügt angebracht. Die dargestellte Szene zeigt Jesus als Weltenherrscher (mit Weltkugel mit Kreuz in der linken Hand, die rechte Hand zur Segensgeste erhoben) und seine zwölf Jünger. Die Szene ist nachösterlich und stellt die Aussendung der zwölf Jünger in alle Welt dar.

Die Zuordnung der einzelnen Jünger ist schwer möglich, da fast alle originalen Attribute verloren sind. Eindeutig sind Johannes (mit Kelch) und Petrus (mit Schlüssel, kein Original) rechts und links von Jesus zu bestimmen, ebenfalls der Jesus auffallend gleichende Herrenbruder Jakobus neben Johannes, sowie der andere Jakobus links oben (mit Hutkrempe und Jakobsmuschel). Zwei Teile der dreiteiligen Apostelgruppe sind am Ende des Zweiten Weltkrieges aus der Kirche verschwunden und im Jahre 1997 wieder aufgetaucht. Die gesamte Gruppe wurde 1998 aufwändig restauriert.

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21 · Der Architekt und die Künstler...

Fast durchweg junge Künstler und Künstlerin konnte Martin Elsaesser zur Mitarbeit / Ausgestaltung an der Gaisburger Kirche gewinnen. Nachfolgend sind sie einzeln kurz vorgestellt (soweit Informationen auffindbar waren):

Martin Elsaesser

Architekt

28.05.1884 - 05.08.1957

Hermann Jung

Bildhauer

keine Informationen

Wolfgang Nida-Rümelin

Bildhauer

27.11.1876 - Mai 1945

Käte Schaller-Härlin

Malerin

19.10.1877 - 09.05.1973

Christian Scheufele

Bildhauer & Steinmetz

18.03.1884 - 23.09.1915

Friedrich Weigle (Sohn)

Orgelbauer

09.09.1882 - 25.09.1958

21.1 · Martin Elsaesser - Architekt

Publikationen

Elisabeth Spitzbart-Maier M.A.: Die Kirchenbauten Martin Elsaessers und ihre Vorraussetzungen in der protestantischen Kirchenbautheorie und Liturgiediskussion
Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor der Philosophie an der Fakultät für Geschichts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Stuttgart 1989

Elisabeth Spitzbart, Jörg Schilling: Martin Elsaesser. Kirchenbauten, Pfarr- und Gemeindehäuser.
Ernst Wasmuth Verlag Tübingen, Berlin 2014,
ISBN 978-3-8030-0778-0.

Martin Elsaesser - Fünf Bauten in Württemberg : Dokumentation der Ergebnisse des Seminars Geschichte und Theorie der Architektur, Master-Studiengang Architektur, Hochschule für Technik Stuttgart; Wintersemester 2013/14 / Elke Sohn (Hrsg.), 2014. ISBN 978-3-940670-46-5

Staetten der Weihe. Neuzeitliche protestantische Kirchen. Eine Bilderreihe mit Einführung von Otto Schönhagen. Berlin 1919.

Links

https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Elsaesser

http://www.architekten-portrait.de/martin_elsaesser/

http://www.martin-elsaesser-kirchen.de/

http://www.martin-elsaesser-kirchen.de/kircheinfo.html?ta_id=3

http://www.martin-elsaesser-stiftung.de/Biographie.html

21.2 · Hermann Jung - Bildhauer

Hl. Martin und Hl. Georg an der unteren Emporenbrüstung

Hölzerne Engelfiguren am Orgelprospekt

Bislang keine Informationen über Künstler und Werk gefunden

21.3 · Wolfgang Nida-Rümelin - Bildhauer

Stuckreliefs mit der Darstellung der 12 Apostel im ovalen Deckenspiegel (1944 zerstört). Bislang kein Bild davon gefunden.

Stuckreliefs im Chor (Symbole der vier Evangelisten) und an der Emporenbrüstung,
Christusmonogramme zwischen den Pilastern im Schiff oben

Publikationen

Frank Matthias Kammer, der Bildhauer Wilhelm Nida-Rümelin
Originalveröffentlichung in: Akademie der bildenden Künste in Nürnberg (Hrsg.): Geartete Kunst: die Nürnberger Akademie im Nationalsozialismus. Nürnberg 2012, S. 138 - 168. Link zur UB Heidelberg s.u.
schreibt irrtümlich die drei Sitzfiguren über dem Eingang N-R zu (korrekt: Christian Scheuffele)

Erwähnung in:
J. Baum, Die Stuttgarter Kunst der Gegenwart, 1913, S. 210, 263, 299 (s.u.)

Links

https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Nida-R%C3%BCmelin (keine Erwähnung von Gaisburg)

http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/2899/1/Kammel_Der_Bildhauer_Wilhelm_Nida-Ruemelin_2012.pdf

http://galleria.thule-italia.com/wilhelm-nida-rumelin/?lang=de

http://www.nordostkultur-muenchen.de/biographien/nida-ruemelin_wilhelm.htm

Nebenstehendes Foto aus dem Internet (Nordostkultur München)

21.4 · Käte Schaller-Härlin - Malerin

5 + 6 + 6 Bilder in der Apsis auf Themen des Alten und Neuen Testaments, dazu Text der 10 Gebote und des Vater unser

Publikationen

Käte Schaller-Härlin, Die Schöpfung der Welt (1949)

Käte Schaller-Härlin, CD-ROM (9 Kirchen) Theodor-Heuss-Stiftung 2011

Schwäbische Heimat 2011 Heft 4, S. 461-469

Carla Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition : die Malerin Käte Schaller-Härlin / Verlag Belser Stuttgart 2017
ISBN 978-3-7630-2760-6
[Die wichtigste und umfassendste Publikation zu Käte Schaller-Härlin]

Carla Heussler, Ein Leben an der Staffelei · Käte Schaller-Härlin zum 140. Geburtstag
anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Kunstmuseum Hohenkarpfen bei Hausen ob Verena vom 23.07. bis 12.11.2017
Chr. Belser Gesellschaft für Verlagsgeschäfte GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-7630-2792-7

Museum Heilbronn (Ausstellung 2018)

Links

https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%A4te_Schaller-H%C3%A4rlin

http://www.wirtemberg.de/schaller-haerlin.htm

https://www.galeriewiedmann.de/kunstler/kaete-schaller-haerlin/

http://www.beilharz.com/qs/qs-schaller.htm

https://www.rainer-zerbst.de/zwischen-kirche-und-individuum-die-malerin-kaete-schaller-haerlin-in-der-kunststiftung-hohenkarpfen/

https://www.schwaebische.de/landkreis/landkreis-tuttlingen/spaichingen_artikel,-das-leben-der-berg-schallerin-_arid,10749012.html

Verschiedene Artikel in der Stuttgarter Zeitung 2016:

31.05.2016 - Nachlass von Schaller-Härlin im Stadtarchiv Stuttgart

16.06.2016 - Schwäbisch, esoterisch, vegetarisch

16.08.2016 - Neues Bild in Ausstellung über Käte Schaller-Härlin

22.10.2016 - Letzte Gelegenheit für Schaller-Härlin-Ausstellung

21.5 · Christian Scheufele - Bildhauer / Steinmetz

Sitzfiguren von Moses, David und Paulus über den Außenportalen

Reliefs über den Seitentüren (Heimkehr des verlorenen Sohns, Sämann)

Gestaltung von Altar, Kanzel und Taufstein

Publikationen

Anna-Maria und Katharina Wilke, Der Bildhauer Christian Scheufele
18.3.1884 – 23.9.1915
Selbstverlag 2016

Katharina Wilke, Ein hochbegabter Bauernbub : der Stuttgarter Bildhauer Christian Scheufele (1884-1915)
Enthalten in: Schwäbische Heimat. - 68 (2017), 1, Seite 68 - 74
Download (mit freundl. Genehmigung der Autorin und des Verlages)

Georg Weber, Christian Scheufele
Enthalten in: 25 Jahre Weilheimer Monatsblättle. - Weilheim a.d. Teck, 1994. - S. 187 (Hinweise zur Kreuzigungsgruppe in der Peterskirche Weilheim & kurze Biographie)

Links

Biographie auf Schwäbisch

Foto rechts: der o.a. Broschüre entnommen

21.6 · Friedrich Weigle (Sohn) - Orgelbauer

Erbauer der 3teiligen Orgel

Über den Orgelbau sind leider keine Unterlagen vorhanden, auch bei der Orgelbaufirma "Außer einem Opusverzeichnis sind keine weiteren Unterlagen zu alten Weigleorgeln vorhanden". (Zitat Website - s.u.)

Publikationen

Über die Entstehung und Geschichte der Orgel siehe oben (15) Jörg Halubek.

Links

https://de.wikipedia.org/wiki/Orgelbau_Friedrich_Weigle

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Weigle_(Sohn)

22 · Publikationen und Informationen zur Gaisburger Kirche allgemein

Publikationen

chronologisch nach Erscheinen geordnet:

Christliches Kunstblatt 1910 (Böklen & Feil)
Architektonische Rundschau 1911
Neudeutsche Bauzeitung 1915

Auszüge :
- Gaisburger Zeitung 1910 - 1914
- Schwäbische Kronik & Merkur 1913
- Neues Stuttgarter Tagblatt 1913

Hans-Martin Riethmüller: Die Kirche im Dorf. Ev. Kirche in Gaisburg
Kirchenführer. Stuttgart 1989 (?)

Roland Müller (Hrsg.): Die Evangelische Stadtpfarrkirche in Stuttgart-Gaisburg.
Hohenheim, Stuttgart / Leipzig 2001
ISBN 3-89850-967-2

Peter Conradi: "Baukultur - 100 Jahre BDA und Martin Elsässer"
Vortrag am 28.11.2003 - Text zum Download

Klaus Pantle: Kleiner Kirchenführer durch die Evangelische Stadtpfarrkirche in Stuttgart-Gaisburg
Hrsg. von der Kirchengemeinde 2005

Ulrich Gohl: Im öffentlichen Raum. Kunstwerke und Denkmäler im Stuttgarter Osten
72 Seiten, 150
meist farbige Abbildungen. 2010. (nicht relevant für G Kirche)
ISBN 978-3-925440-35-9

Dr. Elmar Blessing, Rund um den Kirchturm (1913 – 2013)
Verlag im Ziegelhaus Gohl, Stuttgart 2013
ISBN 978-3-925440-38-0

bauheft 03 – Die Stadtpfarrkirche in Stuttgart-Gaisburg 1910 – 1913
Nr. 3 aus der Reihe "martin elsaesser bauhefte"
Reihenherausgeber: Florian Afflerbach und Dr. Jörg Schilling
Schaff-Verlag, Schilling-Afflerbach GbR, Hamburg 2013
ISBN 978-3-944405-04-9

23 Historische Dokumente

Die Kirchengemeinde-Unterlagen aus den Jahren 1906ff sind im 2. Weltkrieg leider den Bombenangriffen zum Opfer gefallen. So sind nur wenige Originaldokumente erhalten:

einerseits im Staatsarchiv in Ludwigsburg: Gründung des Kirchenbauvereins 1906; Änderung im Vorsitz - Anstellung Pf. Braun Juni 1909; Nachricht über die Auflösung des Vereins 1914 und Löschung im Vereinsregister 1921

andererseits im Archiv der Evangelischen Landeskirche in Stgt-Möhringen

23.1 · Satzung des Kirchenbauvereins

Satzung des „Kirchenbauvereins Gaisburg“ in Stuttgart.

§.1.
Der am 24. März 1906 errichtete Kirchenbauverein Gaisburg hat den Zweck das Interesse am Bau einer Kirche für die evangelische Gemeinde Stuttgart-Gaisburg zu wecken u. diesen Bau durch Geldbeiträge zu fördern.

§.2.
Der Verein hat seinen Sitz in Stuttgart. Er ist in das Vereinsregister des Amtsgerichts Stuttgart Stadt eingetragen.

§.3.
Der Beitritt zum Verein steht jedermann offen; er erfolgt durch Mitteilung an den Vorstand oder ein Ausschußmitglied. – Der Austritt aus dem Verein kann jederzeit stattfinden; er erfolgt durch schriftliche Erklärung an den Vorstand.

§.4.
Die Mitglieder haben einen jährlichen Beitrag von mindestens 1 M zu bezahlen; zu weiteren Leistungen sind sie nicht verpflichtet. – Wer einen einmaligen Beitrag von 20 M bezahlt, braucht keinen Jahresbeitrag zu bezahlen.

§.5.
Die Organe des Vereins sind:
1) Der Vorstand,
2) Der Ausschuß,
3) Die Mitgliederversammlung.

§.6.
Der Vorstand ist der jeweilige Pfarrer der Kirchengemeinde Gaisburg. Er vertritt den Verein gerichtlich u. außergerichtlich. Im Falle der Verhinderung vertritt ihn sein Stellvertreter. Der Nachweis der Verhinderung ist zur Rechtsgültigkeit des stellvertretenden Vorsitzenden nicht erforderlich. – Der Vorstand, bzw. dessen Stellvertreter, hat sich an die Weisungen des Ausschusses zu halten. Er ist verpflichtet, diese Weisungen in allen wichtigen Fällen einzuholen.

§.7.
Der Ausschuß besteht aus dem Vorstand des Vereins, dem stellvertretenden Vorstand u. weiteren fünf Mitgliedern. – Der stellvertretende Vorstand u. die weiteren Mitglieder werden in der Mitgliederversammlung gewählt. Neuwahlen finden erstmals im Febr 1907, von da an alle drei Jahre statt. – Der Ausschuß tritt auf Einladung des Vorstands, die an alle Mitglieder des Ausschusses zu ergehen hat, zusammen. Er ist beschlußfähig in der Besetzung von drei Mitgliedern einschließlich des Vorstands od. dessen Stellvertreter. Schriftliche Abstimmung durch Umfrage ist zulässig.

§.8.
Die Mitgliederversammlung ist mindestens einmal im Jahr einzuberufen. Weitere Versammlungen finden nach dem Ermessen des Vorstands, ferner auf Antrag des Ausschusses oder auf Antrag von zehn Mitgliedern statt. Die Einberufung der Mitgliederversammlung erfolgt durch den Vorstand. Ort, Zeit u. Tagesordnung sind jeweils eine Woche zuvor in der in Stuttgart erscheinenden Gaisburger Zeitung bekannt zu machen. – Über andere Gegenstände als Änderung der Satzung u. Auflösung des Vereins kann auch ohne vorherige Bekanntmachung dann Beschluß gefaßt werden, wenn zwei Drittel der Anwesenden sich einverstanden erklären.

§.9.
Regelmäßige Gegenstände der Beratung u. Beschlußfassung der Mitgliederversammlung sind:

1) Entgegennahme des Jahresberichts des Vorstands u. des Ausschusses.
2) Bericht über die Revision der Kassen= u. Buchführung des Rechners (vergl. § 12).
3) Die Wahl des stellvertretenden Vorstands u. der weiteren Mitglieder des Ausschusses nach Maßgabe von § 7 Abs. 2.
4) Die Wahl des Rechners.

§.10.
Die Mitgliederversammlung wird vom Vorsitzenden geleitet; zur Beschlußfähigkeit ist die Anwesenheit von 10 Mitgliedern erforderlich. Es entscheidet die Mehrheit der anwesenden Mitglieder u. im Falle der Stimmengleichheit der Vorstand. Änderungen der Satzung können nur mit einer Mehrheit von drei Vierteln der anwesenden Mitglieder erfolgen. – Die Beschlüsse der Mitgliederversammlung sind von dem Vorstand in ein Protokollbuch einzutragen, die Einträge sind von dem Vorstand u. einem weiteren Ausschußmitglied zu unterzeichnen.

§ 11.
Der Rechner (vergl § 9 Z. 4) hat für eine geordnete Kassenbuch= u. Rechnungsführung Sorge zu tragen u. am Schlusse eines jeden Geschäftsjahres die Bilanz aufzustellen. Er hat für ordnungsmäßigen Einzug der Mitgliederbeiträge zu sorgen.

§ 12.
Der Revisor, welcher von dem Ausschuß gewählt wird, hat alljährlich u. außerdem sooft als dies nach seiner Überzeugung nötig ist, von dem Stand der Buchführung Kenntnis zu nehmen, die Belege einzusehen u. Kassensturz zu machen. Er hat den in § 9, Z. 2 vorgesehenen Bericht zu erstatten.

§ 13.
Im Fall der Auflösung des Vereins fällt das Vermögen dem Teil-Kirchengemeinderat Stuttgart-Gaisburg zu.

Stuttgart-Gaisburg,
den 24. März 1906.
[Unterschriften]
[links Stempel „K.WÜRTT. AMTSGERICHT STUTTGART STADT“

Quelle:
Beilage in den Akten beim Staatsarchiv Ludwigsburg
Bestand: F 303 III / Bü 118
Kirchenbauverein Gaisburg; Gründungsjahr o.A.; VR 184 / 1906 – 1921
Handschriftlich 4 Seiten [2 Blatt], mit blauer Tinte geschrieben (Sütterlin)

Eintragung in das Vereinsregister:
Verfügung vom 23. April 1906
Kirchenbauverein Gaisburg
Sitz in Stuttgart
Georg Cleß, Pfarrer
Stellv. Vorstand: Friedrich Herrigel, Schullehrer
beide in Stuttgart-Gaisburg

Es beträgt:
Die Mitgliederzahl 60.
Der Jahresbeitrag pro Mitglied mindestens 1 M.
Das Vereinsvermögen ca. 100 M.
[Berarbeitungsvermerke & Unterschriften]

23.2 · Gründung des Kirchenbauvereins · Protokollauszug

Protokollauszug.

Stuttgart-Gaisburg 24. III. 06.

Auf Einladung des Ortsgeistlichen haben mehrere Mitglieder des Kirchengemeinderats und des evang. Männervereins sich versammelt, um einen Verein zu gründen zur Förderung des Baues einer neuen Kirche in hiesiger Gemeinde. Nach eingehender Beratung wurde die Satzung festgestellt u. von neun Personen unterschrieben. Vorstand des Vereins ist der jeweilige Pfarrer der Kirchengemeinde Gaisburg, also jetzt Pf. Cleß. In der sofort abgehaltenen ersten Mitgliederversammlung wurde zu seinem Stellvertreter Schullehrer Friedrich Herrigel gewählt. Weiter wurden in den Ausschuß berufen die H.H. Auweter, Gasfabrikarbeiter Breuer Postagent Fischle, Schneidermeister Vaihinger u. Weingärtner Kurtz; letzterer wird zugleich zum Rechner bestellt. Sämtliche Gewählte nehmen die Wahl an.

Cleß Herrigel

Für die Abschrift

11.4.06 Cleß

Quelle:
Beilage in den Akten beim Staatsarchiv Ludwigsburg
Bestand: F 303 III / Bü 118
Kirchenbauverein Gaisburg; Gründungsjahr o.A.; VR 184 / 1906 – 1921
Handschriftlich 1 Seite (Sütterlin)

23.3 · Auflösung des Kirchenbauvereins · Protokollauszug

Kirchenbauverein Gaisburg

_____

Auszug
Aus dem Protokoll (###)
Vom 17. Februar 1914

Nachdem die heutige Generalversammlung satzungsgemäß 8 Tage vorher in der „Gaisburger Zeitung“ unter Angabe der Tagesordnung ausgeschrieben worden war, fanden sich heute Abend etwa 20 Mitglieder des Kirchenbauvereins im Gemeindesaal zusammen. . . . . . . . .

Es wird die Frage der Auflösung des Kirchenbauvereins besprochen und einstimmig beschlossen,

den Verein aufzulösen und diesen beschluß dem K. Amtsgericht mitzuteilen. Das übrig bleibende Vermögen des Vereins fällt der Teilkirchengemeinderatskasse zu, der Vorstand wird als Liquidator bestellt.

Herrigel.

Die ### des Auszugs
beurkundet
Stuttgart-Gaisburg 18. Mai 1921
Stadtpfarrer Esenwein

Quelle:
Beilage in den Akten beim Staatsarchiv Ludwigsburg
Bestand: F 303 III / Bü 118
Kirchenbauverein Gaisburg; Gründungsjahr o.A.; VR 184 / 1906 – 1921
Handschriftlich 1 Seite (Sütterlin)

23.4 · Auflösung des Kirchenbauvereins · Nachricht ans Amtsgericht

###helichem Amtsgericht Stadt
Abth Vereinsregister
Stuttgart

Unterzeichneter erlaubt sich, ### Amtsgericht mitzuteilen, daß, nachdem der Kirchenbau Stuttgart-Gaisburg im Nov. 1913 vollendet war, sich der Kirchenbauverein Stuttgart-Gaisburg im Frühjahr 1914 aufgelöst hat.

Fritz Herrigel
Stellv. Vorstitzender.

Stuttg-Gaisburg,

8. Mai 1921.

Quelle:
Beilage in den Akten beim Staatsarchiv Ludwigsburg
Bestand: F 303 III / Bü 118
Kirchenbauverein Gaisburg; Gründungsjahr o.A.; VR 184 / 1906 – 1921
Handschriftlich 1 Seite (Sütterlin)

23.5 Programm der Eröffnung am 23.11.1913

Das kpl. Programm zur Eröffnung der Kirche (inklusive Konzertprogramm am Abend) hier zum Download (Klick links ins Bild).
Quelle: Archiv der ELKW

23.6 Baukosten Abrechnung

Die nachfolgende "Zusammenstellung der Kosten für die Kirche in Gaisburg" befindet sich im Archiv der Evangelischen Landeskirche Württemberg.
2 Seiten A4, handschriftlich.
Von fremder Hand darüber notiert: "Gaisburg 396 000 M", welches gerundet der Gesamtsumme entspricht.

1.)

Grabarbeiten

M 36 000.-

2.)

Betonarbeiten

 

3.)

Eisenbeton

42 900.-

4.)

Mauerarbeiten

45 500.-

5.)

Kunststeinlieferung

31 500.-

6.)

Tritte an den Eingängen

750.-

7.)

Steinbildhauerarbeiten

11 600.-

8.)

Holz- & Rundeisenlieferung

2 200.-

9.)

Schmiedearbeiten

800.-

10.)

Oberer Dachbinder

7 150.-

11.)

Zimmerarbeiten

9 500.-

12.)

Flaschnerarbeiten

5 000.-

13.)

Blitzableitung

550.-

14.)

Dachdeckerarbeiten

5 700.-

15.)

Gewölbe in Omoplatten

5 600.-

16.)

Gipserarbeiten

17 000.-

17.)

Schreinerarbeiten

23 000.-

18.)

Schloßerarbeiten

7 000.-

19.)

Glaserarbeiten

3 500.-

20.)

Malerarbeiten

9 000.-

21.)

Beleuchtung
a) Beleuchtungskörper
b) Installation für Licht

.
6 200.-
2 136.-

22.)

Kanzel, Altar, Taufstein & Bildhauerarbeit

8 000.-

23.)

Heizung (Niederdruckdampf)

8 000.-

24.)

Fußbodenbeläge

10 300.-

25.)

Installation der Aborte & für Gas & Wasser

1 200.-

26.)

Kanalisation (Hausentwässerung)

1 400.-

27.)

Herstellung der Wasserzuleitung zum Haus

180.-

28.)

Herstellung des Gaseinlaufs

600.-

29.)

Strassenbeleuchtung

1 500.-

30.)

Elektrizitätswerk - Hausanschlußgebühr

350.-

31.)

Städt. Dohlenbeitrag

2 900.-

32.)

Pflasterung & Chaussierung des Kirchplatzes

4 500.-

Übertrag

310 876.-

33.)

Staffelaufgang von der Schloßstr. auf d. Kirchplatz

M 13 000.-

34.)

Herstellung der Zufahrtswege

1 500.-

35.)

Honorare & Bauführung

27 000.-

41 500.-

Übertrag

310 876.-

M.

352 376.-

-----------------------

1.)

Geläute samt Läutwerk

M. 14 100.-

2.)

Uhr & elektr. Anzug [?] & ###tafeln

3 100.-

3.)

Orgel mit elektr. Traktur & Gebläseantrieb
Gehäusekosten & Bildhauerarbeiten

16 200.-

4.)

Installation für elektr. Kraft

1 900.-

5.)

Für Verschiedenes

9 020.-

44 320.-

23.7 aus: Baum, Die Stuttgarter Kunst der Gegenwart 1913

S. 210:

…Endlich nennen wir hier noch Wilhelm Nida-Rümelin, geb. 1876 in Linz a. d. D., den nur vorübergehend in Stuttgart tätigen Meister der unvergleichlichen Stuckreliefs in der Kuppel des Kunstgebäudes und in Elsäßers Gaisburger Kirche. …

S. 262 – 263:

Endlich muß auch in diesem Zusammenhang der ebenso vielseitige wie erfolgreiche M. E1säßer genannt werden; aus der schon beträchtlichen Zahl seiner Kirchenbauten und -umbauten, meist kleinen Umfangs, ragt nicht nur als umfangreichstes, sondern auch als besonders schön gelungenes Werk die Gaisburger Kirche hervor. Auf der Kuppe eines Hügelvorsprungs, der, seitlich über dem städtischen Schlachthof gelegen, weit ins Neckartal blickt, erhebt sich auf hohen Unterbauten leicht und doch festgegründet und -umrissen die Kirche mit schönem Turm, in der Formsprache sich an protestantische Sakralbauten des 18. Jahrhunderts anschließend; innen ist die eigenartig wirkende elliptische Anlage, die sich öfter im Spätbarock findet, bemerkenswert.

24 · Berichte in der Tagespresse 1910 - 1914

Anfang des letzten Jahrhunderts existierte noch eine Gaisburger Zeitung, in welcher häufig und ausführlich über die Kirche, Kirchengemeinde, Neubau etc. berichtet wurde. Der Schwerpunkt der Berichterstattung liegt natürlich auf dem Jahr 1913, aber schon ab 1910 findet man immer wieder Berichte aus dem Gemeindeleben und über den Kirchenbau.

Bei weitem nicht so lokal orientiert - findet man im Stuttgarter Neues Tagblatt und in der Schwäbischen Kronik / Schwäbischen Merkur einige Artikel über die Gaisburger Kirche aus dem Jahr 1913 - Altarweihe im Mai und Einweihung im November 1913.

Diese Zeitungen sind auf Mikrofilm in der WLB Stuttgart einsehbar. Transkriptionen in zwei pdf-Dokumenten zum Download:

Gaisburger Zeitung

Stuttgarter Neues Tagblatt und Schwäbische Kronik - Schwäbischer Merkur

Berichte in chronolgischer Ordnung - nur Abschriften (Original-Scans können in der WLB bzw. bei mir eingesehen werden) mit Ausnahme einiger Anzeigen.

25 · Geschichte der Kirche seit 1938

Mit Nachdruck sei hier auf das Buch von Dr. Elmar Blessing verwiesen: Rund um den Kirchturm · 1913 - 2013 · Die Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Stuttgart-Gaisburg.
Hrsg. von der Evang. Kirchengemeinde Stuttgart-Gaisburg · 2013 · ISBN 978-3-925440-38-0

Dr. Blessing schreibt in seinem Geleitwort:
2001 gab die Gaisburger Kirchengemeinde zusammen mit dem Stadtarchiv Stuttgart das Buch „Die Evangelische Stadtpfarrkirche n Stuttgart-Gaisburg" heraus. Anlass dazu war zum einen die Rückführung der Apostelgruppe und zum andern der Eingemeindung Gaisburgs nach Stuttgart 100 Jahre vorher. In diesem Band wird ausführlich die Bau- und Kunstgeschichte der Gaisburger Kirche dargestellt.
2011, zehn Jahre später, regte der Kirchengemeinderat an, anlässlich der Hundertjahrfeier der neuen Gaisburger Kirche wieder eine Schrift herauszugeben. Die architektonische und kunstgeschichtliche Bedeutung der Kirche tritt hier in den Hintergrund, vielmehr wird auf das kirchliche Gemeindeleben in den verflossenen 100 Jahren eingegangen; dargestellt wird ferner das Bestreben der Geistlichen und der hauptamtlichen Angestellten, aber auch der vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das Gemeindeleben zu aktivieren, den evangelisch-christlichen Glauben lebendig zu halten und den Gottesdienst in den Mittelpunkt des Gemeindelebens zu stellen.

Nachfolgend tabellarisch die wichtigsten Stationen ab der 25-Jahr Feier 1938:

1933 - 1945

Pfarrer Hermann Ehrmann

16.10.1938

Feier zum 25jährigen Bestehen der Kirche. Bericht (Auszug / Abschrift) hierzu im Evang. Gemeindeblatt für Württemberg vom 23.11.1938

25.08.1940

Die erste Bombe des Krieges auf Stuttgart zerstört die „Krone" in Gaisburg. Ausbau der Kirchenräume im Untergeschoss als Luftschutzraum

1942

Leerer Phosphorbehälter schlägt in die Kirche ein

1943

Glocken werden abgenommen, Metall wird zu Kriegszwecken verwendet

Ab Nov. 1943

Kirche nicht mehr benutzbar, Gottesdienste werden im Vorraum der Kirche gefeiert

1944 und 1945

Konfirmationen müssen im Lutherhaus gefeiert werden

13.09.1944

Pfarrhaus in der Hornbergstraße brennt ab

19.10.1944

In der Schreckensnacht 19./20. Oktober 1944 hat eine große Bombe das Dach durchschlagen; sie ging vor dem Altar nieder, ist aber glücklicherweise nicht explodiert. Der durch Brandbomben verursachte Brand wurde von beherzten Männern der Nachbarschaft gelöscht. Ihr Eingreifen hat die Kirche vor völliger Zerstörung gerettet.

1944 / 1945

Professor Friedrich Delekat

1945 - 1966

Pfarrer Hermann Maurer

1945

Die Pfarrwohnung wird ins Spöttle-Haus in der Comburgstraße verlegt
Das Kirchendach wird notdürftig gedeckt, Gottesdienste werden im Saal unter der Kirche gefeiert (Durchschnittlicher Besuch: 50 bis 100, die Gemeindegliederzahl war auf 1500 gesunken). Kinderkirche wurde im Anschluss an den Gottesdienst gefeiert (es kamen bis zu 450 Kinder, Leitung Herr von der Leye mit zahlreichen Mitarbeiterinnen)

1945 - 1949

Pfarrer Hermann Maurer kämpft mit all seiner Kraft um den Wiederaufbau der Kirche

24.04.1949

1. Gottesdienst nach dem Krieg in der Kirche - Konfirmationsgottesdienst. Predigt von Pfr. Maurer zum Download

12.06.1949

Wiedereinweihung der Kirche durch Prälat Hartenstein · zum Download:
Programm
Pressemitteilung der Gemeinde
Bericht im Evang. Gemeindeblatt für Württemberg

01.11.1953

Feier zum 40jährigen Bestehen der Kirche.
Geschichte der Gaisburger Kirche von Vikar Friedrich Grießhaber - Download

09.10.1954

Neue Glocken · siehe oben Ziff. 4

05.08.1957

Martin Elsaesser +

25.08.1963

Neue Fenster im Chor von Wolf-Dieter Kohler - s,o. Ziffer 19

10./17.11.1963

Gottesdienste / Feiern / Konzerte zu:
50 Jahre Kirche · 60 Jahre Kirchenchor · 65 Jahre Krankenschwesternstation · 70 Jahre Kinderkirche

1966 - 1982

Pfarrer Eugen Hämmerle

1973 - 2002

Zweite Pfarrstelle

09.05.1973

Käte Schaller-Härlin +

1973

Fund der "Goldenen Kanzel" aus der Stiftskirche und Rückführung dorthin

1974 / 1975

Innenrenovierung der Kirche

02.05.1976

Einweihung der "neuen" Orgel (ohne Echo-Orgel) - Umgestaltung nach Plänen von Herbert Liedecke

1982 - 1998

Pfarrer Hans-Martin Riethmüller

23.01.1983

Einweihung der Echo-Orgel

1993

Fenster im Chor von Siegfried Cremer (angelehnt an die von Käte Schaller-Härlin 1913 geschaffenen Fenster) - s.o.

1998 - 2009

Pfarrer Klaus Pantle

2001 / 2002

Ausstellung, Vortrags- und Predigtreihe aus Anlaß des 125. Geburtstags von Käte Schaller-Härlin (*19.10.1877). Dokumente s.o. Ziff. 18
Gesamtprogramm 12.10.-24.11.2002

2006 / 2007

Konzertreihe ( 14 Gottesdienste und Matinéen) mit dem gesamten Orgelwerk Johann Sebastian Bachs - Jörg Halubek, Orgel

ab 2010

Pfarrer Wolfgang Marquardt

Juli 2013

Veranstaltungen aus Anlaß des 100jährigen Jubiläums

Am Ende des Buches von Dr. Blessing (s.o.) aus dem Jahr 2013 lesen wir:

Die Stuttgarter Bevölkerung wächst jedes Jahr um rund 3%, aber davon sind die wenigsten evangelisch. Unsere Gemeindegliederzahl sinkt weiterhin jedes Jahr um etwa 5% und liegt jetzt bei 1493. Das liegt daran, dass landesweit jedes Jahr mehr Bestattungen stattfinden als Taufen, aber auch an Austritten (pro Jahr etwa 20, dagegen nur rund fünf Eintritte) und vor allem an Wegzügen. Viele evangelische Familien sind in die Region verzogen, die nachrückenden Familien sind größtenteils nicht evangelische Kirchenmitglieder, sondern gehören zu anderen Kirchen und Religionen oder zu gar keiner.

Im Pfarrplan 2018 ist die Pfarrstelle Gaisburg mit 75% eingeplant. Im Jahr 2015 muss entschieden werden, ob diese 25%-Kürzung einer Pfarrstelle im Stuttgarter Osten die Gemeinde Berg/Heiland oder Gaisburg trifft. Heute schon finden vielfältige Kooperationen in den evangelischen Gemeinden in Stuttgart-Ost statt, etwa bei Konfirmandenfreizeiten, im Konfi-3-Bereich und im Kanzeltausch. In Zukunft wird uns die Frage nach Fusionen von Gemeinden weiterhin beschäftigen, aber so, dass die Gemeindearbeit vor Ort erkennbar bleibt. So oder so werden wir Evangelischen hier näher zusammenrücken.

Mit über 40 Konzerten im Jahr trägt unsere Gemeinde zur kulturellen Vielfalt in Stuttgart bei. Wir haben so viele Anfragen, dass wir auch 50 oder 60 Konzerte pro Jahr ausrichten könnten, aber das ist bei begrenztem Personal nicht zu leisten. Wir freuen uns an der Musik und an den Gästen aus ganz Stuttgart und Umgebung, die gerne zu Konzerten in unsere wunderschöne Kirche kommen.

Die Gaisburger Jugendstilkirche ist einzigartig in ihrer Eleganz und Schönheit. Es gibt immer Neues zu entdecken. Der Raum spricht an und richtet auf. Sie ist auch Ausdruck des anthropologischen Optimismus des Kulturprotestantismus der liberalen Theologie Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts. Florian Illies beschreibt in seinem Buch „1913. Der Sommer des Jahrhunderts" die Aufbruchsstimmung in Gesellschaft, Kunst und Literatur in diesem Jahr vor Beginn des Ersten Weltkriegs.

Die „sittliche Erhebung der Arbeiterschaft" im neu industrialisierten alten Wengerterdorf Gaisburg, dessen Einwohnerschaft explosionsartig in die Höhe schnellte, war eines der Ziele dieses Kirchenbaus. Eine Fackel des Evangeliums sollte die große neue Kirche sein, weithin deutlich sichtbar. Schon bald wurde die neue Kirche liebevoll die Akropolis von Gaisburg genannt, später sprach man auch vom Turm als überdimensionierter „Babyflasche".

Dann kam der Erste Weltkrieg mit einer Erschütterung ungeahnten Ausmaßes, noch übertroffen vom Zweiten Weltkrieg. Der Optimismus und Fortschrittsglaube der Jahrhundertwende ist grundlegend in Frage gestellt worden. Nach einem Jahrhundert rasanter Entwicklungen, maßloser Zerstörung und ungeheuren Veränderungen stehen wir heute vor neuen Herausforderungen.

Was hat diese wunderbare Jugendstilkirche an der Grenze von Tradition und Moderne in den vergangenen 100 Jahren mit dieser Gemeinde gemacht - und was hat die Gemeinde mit ihr gemacht?

Einen lebendigen Ausschnitt daraus entfaltet diese Festschrift.

5 Jahre später - 2018 - ist der neue Pfarrplan in Kraft, Gemeinden im Stuttgarter Osten haben fusioniert zu "Gaisburg · Lukaskirche · Lutherhaus". Darüber und über vieles mehr gibt die aktuelle Website der Gemeinde Auskunft.

Danksagung

Bei der Erstellung dieser Seite waren mir viele Personen behilflich. Ihnen allen sei hier sehr herzlich Dank gesagt, ebenso MitarbeiterInnen von Bibliotheken und Archiven - insbesondere:

Pfarrer i. R. Klaus Pantle
Pfarrer Wolfgang Marquardt
Ulrike Barth (Enkelin von Käte Schaller-Härlin)

Kirchenrat Reinhard Lambert Auer M.A.
Dr. Katharina Beiergrößlein
Andreas Butz M.A.
Dr. Frank Matthias Kammel
Katharina und Anna-Maria Wilke

Germanisches Nationalmuseum Nürnberg
Landeskirchliches Archiv & Zentralbibliothek
Schwäbischer Heimatbund e. V. · Schwäbische Heimat
Staatsarchiv Baden-Württemberg · Ludwigsburg
Stadtarchiv Stuttgart
Württembergische Landesbibliothek

Impressum

Gaisburger Kirche fotografiert Mai 2018
Auf www.kirchen-online.com veröffentlicht am 17.10.2018 SDG
(c) 2018 Foto-Kunst Andreas Keller
Links zuletzt überprüft am 29.05.2022

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