Stgt-Bad Cannstatt · Stadtkirche
Über die Stadtkirche hat die Kirchgemeinde im Jahr 1989 einen kleinen Führer herausgegeben, farbig bebildet, Text von Wilhelm Deuschle, Bilder und Grußwort von Pf. Dr. Karlheinz Bartel - in der Kirche und im Pfarrbüro erhältlich,
ferner gibt es ein Faltblatt mit den wichtigsten Informationen, aus denen hier und nachfolgend zitiert wird:
"Die spätgotische Stadtkirche von Bad Cannstatt ist ein herausragendes Werk des Stuttgarter Baumeisters Aberiin Jörg (ca. 1425 bis 1490). Als Architekt des Grafen Ulrich V. von Württemberg war Jörg an 16 Kirchenbauten des Landes maßgeblich beteiligt, aber nur zwei stammen in ihrer Gesamtplanung von ihm: die Cannstatter Stadtkirche und die Stuttgarter Hospitalkirche.
Der Chor mit seinem Sternengewölbe wurde von 1465 bis 1471 errichtet und befindet sich in originalem Zustand. In den folgenden Jahren wurde das Langhaus als Hallenbau mit drei gleich hohen Schiffen erbaut. Dieser einheitlich konzipierte Raum war auf die Bedürfnisse des städtischen Bürgertums im ausgehenden Mittelalter zugeschnitten, das eine eigene Predigtkirche beanspruchte.
Das sicherlich mit einem feinmaschigen Netzgewölbe ausgestattete Langhausgewölbe wurde - infolge eines Blitzschadens - schon 1791 herabgeschlagen und gegen eine Flachdecke ersetzt. Im Jahr 1858 setzte man ein neugotisches Scheingewölbe ein. In seiner heutigen Gestalt stammt die Schiffsdecke aus der vierten Restauration der Stadtkirche von 1959 bis 1963. In den Jahren 1994 und 1995 wurde der Innenraum im Zuge der fünften Kirchen Sanierung vorbildlich wiederhergestellt
Trotz des nicht originalen Langhausgewölbes ist die Bad Cannstatter Stadtkirche - neben der Stifts-, der Leonhards- und der Hospitalkirche - die einzige von Aberlin Jörg in Stuttgart errichtete Hallenkirche, die sich in einem relativ authentischen Zustand befindet und die weite und lichte Atmosphäre eines spatgotischen Kirchenraumes vermittelt."
Im Internet findet man auf der Website der Kirchengemeinde Informationen zur Geschichte und zur Kirche, darunter Ausführungen zum Turm:
"Heinrich Schickhardt erbaute in den Jahren 1612 bis 1613 den heutigen Renaissance-Turm als Ersatz für den ursprünglich niederen gotischen Turm. Neben seiner Schönheit ist der Turm auch eine technische Meisterleistung. Der Steinturm hat im Innern einen zweiten Turm aus schweren Hölzern, der die Schwingungen der Glocken auf die Fundamente hinableitet und so den äußeren Turm entlastet."
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Außen
Emeritius Sextus war Kommandant der römischen Straßenstation bei der heutigen Uffkirche. Nach Beendigung seiner Dienstzeit stellte er aus Dank für deren guten Verlauf diesen Weihealtar für die Götter Jupiter, den Schutzgeist des Ortes, für Fortuna und alle anderen Götter und Göttinnen auf. Der Altar wurde im 16. Jh. bei der Uffkirche gefunden.
IN H(onorem) D(omus) D(ivinae) I(ovi) O(ptimo) M(aximo)
GENIO LOCI ET F(or-)
TVNAE DIS DEAB(us-)
QVE EMERITIVS
SEXTVS MILES
LEGIONIS XXII
PR(imigeniae) P(iae) F(idelis) SEVERIA(-)
NAE B(ene)F(iciarius) CO(n)S(ularis) PR(o)
SE ETB SVIS POSV(-)
IT V(otum) S(olvit) L(aetus) L(ibens) M(erito)
MAXIMO ET
AELIANO CO(n)S(ulibus)
IDIBVS IAN(-)
VARI(i)S
Zu Ehren des göttlichen Kaiserhauses. Jupiter dem besten und größten,
dem Genius des Ortes,
der Fortuna, den Göttern und Göttinnen
hat Emeritius
Sextus, Soldat
der 22. Legion,
der allerersten, pflichtbewussten und getreuen, der Severianischen,
Gefreiter des Konsularlegaten, für
sich und die Seinen (den Altar) aufstellen lassen
(und damit) sein Gelübde eingelöst froh und freudig nach Gebühr,
im Konsulatsjahr des Maximus und Aelianus (223 n. Chr.)
am 13. Januar.
Übernommen von einer Tafel neben dem Altar, gestiftet von Pro Alt-Cannstatt e.V.
Publius Sedulius Iulianus war Kommandant der römischen Straßenstation bei der heutigen Uffkirche. Nach Beendigung seiner Dienstzeit stellte er aus Dank für deren guten Verlauf diesen Weihealtar für die Götter Jupiter, Juno, den Schutzgeist des Ortes und alle anderen Götter und Göttinnen auf. Der Altar wurde im 16. Jh. bei der Uffkirche gefunden. Die Inschrift ist nicht komplett erhalten, da der Altar zuvor zeitweise als Baustein verwendet wurde.
IN H(onorem) D(omus) D(ivinae) I(ovi) O(ptimo) M(aximo)
ET IVNONI REG(inae)
GENIO LOCI
ET D(is) D(eabus) OMNIB(us)
[P(ublius)] SEDVLIVS
[I]VLIANVS M[I(-)]
LES (legionis) VIII AVG(ustae) A[N(-)]
TONINIANAE B(ene)F(iciarius) CO(n)S(ularis)
PRO SAL(ute) SVA ET SVOR(um)
[S]TAT(ione) ITERAT(a) POSVIT IMP(eratore)
Zeile 11 kann aufgelöst werden als: D(omino) N(ostro) ANTONINO AVG(usto) IIII ET B(albino II),
oder als: D(omino) N(ostro) ANTONINO AVG(usto) IIII ET AVRELIO ALEXANDRO CAES(are)
Zu Ehren des göttlichen Kaiserhauses; Jupiter dem besten und größten,
der Königin Juno,
dem Genius des Ortes
und allen Göttern und Göttinnen
hat Publius Sedulius
Iulianus, Soldat
der 8. Augusteischen Legion,
der Antoninischen, Gefreiter des Konsularlegaten,
für sein und der Seinen Wohl
nach Wiederholung des Stationsdienstes (den Altar) aufstellen lassen, als der Kaiser,
unser Herr Antoninus Augustus zum 4. Mal und Balbinus zum 2. Mal Konsuln waren (213 n. Chr.);
oder: unser Herr Antoninus Augustus zum 4. Mal und Aurelius Alexander Caesar Konsuln waren (222 n. Chr.)
Übernommen von einer Tafel neben dem Altar, gestiftet von Pro Alt-Cannstatt e.V.
Innen Übersicht
Chorfenster
Die drei östlichen Chorfenster der Cannstatter Stadtkirche wurden 1963 von Wolf-Dieter Kohler mit Glasmalereien ausgestaltet.
Die dargestellten Szenen und Motive lassen sich als Programm lesen, das eine Gesamtschau der Verheißungen des Alten Testamentes und ihrer Erfüllung durch Jesus Christus umfaßt.
Die Themenfolge beginnt im linken Fenster mit dem Alten Testament und seinen Prophezeiungen eines kommenden Messias.
Sie wird im rechten Fenster mit dem irdischen Leben, mit Opfertod und Auferstehung Jesu Christi nach dem Neuen Testament fortgesetzt.
Das mittlere Fenster schließlich zeigt die Erfüllung beider Schriften nach der „Offenbarung des Johannes": Christus als wiederkehrender Weltenrichter beim Jüngsten Gericht. Darüber ist das Ziel aller Gläubigen, das ewige Leben im Reich Gottes, in der Himmlischen Stadt Jerusalem, dargestellt.
Wolf-Dieter Kohler (1928 - 1965) studiert ab 1946 an der Stuttgarter Kunstakademie die Fächer Glasmalerei, Mosaik und Kirchliche Kunst als Meisterschüler bei Professor Rudolf Yelin dem Jüngeren, der das Ehrendenkmal für die Gefallenen des I. Weltkrieges auf der Südwestseite des Chores der Stadtkirche geschaffen hat. Kohler stattet unter anderem auch die Martin-Luther-Kirche sowie die Andreäkirche in Bad Cannstatt aus.
Linkes Fenster
Linkes Fenster
von oben nach unten
1 Der Heilige Geist, darunter Vögel
2 Adam und Eva im Paradies mit dem Baum der Erkenntnis, umgeben von Landtieren links und Fischen rechts
3 Der Vertreibungsengel, ein Seraphim mit sechs Flügeln und Doppelschwert
4 Die Vertreibung Adam und Evas aus dem Paradies
5 Der Brudermord Kains an Abel
6 Die Geburt Christi: die Jungfrau mit dem Kind, umgeben von jubilierenden Engeln
7 Der Prophet Jesaja
8 König David mit der Harfe
9 Johannes der Täufer weist als letzter Prophet des Alten Testamentes auf das Lamm Gottes mit dem Kreuz Christi
10 Christus als Schmerzensmann, umgeben von zwölf verzweifelten Menschen (Jesaja, Kap. 53)
Linkes Fenster - Einzelbilder
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Rechtes Fenster
Rechtes Fenster
von unten nach oben
1 Jesus und die zwölf Jünger beim Abendmahl
2 Der Judaskuß
3 Die Verleugnung des Petrus
4 Die Kreuzigung Christi
5 Das Auferstehungslamm
6 Der Triumpf des königlichen Löwen über das Böse
7 Der gekrönte Adler mit dem Kranz
8 Der Engel der Verkündigung der Auferstehung, auf dem Grab sitzend
9 Die drei Marien am leeren Grabe
10 Die Verkündigung an die Emmaus-Jünger
11 Die Ausschüttung des Heiligen Geistes über die 12 Apostel
Rechtes Fenster - Einzelbilder
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Mittleres Fenster
Mittleres Fenster
von unten nach oben
1 Der Untergang der Alten Welt: Das Jüngste Gericht
- Von Engeln mit Posaunen, die das Jüngste Gericht ankündigen, umgeben:
2 Die Propheten des Alten Bundes mit ihren Schriften
3 Christus, seine Wundmale präsentierend, mit herrschender Gebärde als thronender Weltenrichter
4 Das Himmlische Jerusalem als Ziel aller Gläubigen, dargestellt durch den übersinnlichen Glanz von 12 Edelsteinen, dem Symbol für die 12 Tore der Himmlischen Stadt
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Disposition Hauptorgel
Pedal |
RP / I. MANUAL |
HW / II. MANUAL |
SW / III. MANUAL |
---|---|---|---|
1. Prinzipalbaß 16' 2. Subbaß 16' 3. Octavbaß 8' 4. Violoncello 8' 5. Großterz 6 2/5' 6. Großquinte 5 1/3' 7. Choralbaß 4' 8. Hintersatz 3f 9. Posaune 16' 10. Trompete 8' 11. Klarine 4' 12. III/Ped 4' 13. III/Ped 14. II/Ped. 15. I/Ped. |
16. Quintade 8' 17. Gedackt 8' 18. Rohrflöte 4' 19. Prinzipal 2' 20. Quinte 1 1/3' 21. Terz 1 3/5' 22. Scharfzimbel 3f 1' 23. Krummhorn 8' 24. Tremulant 25. III/I |
26. Bordun 16' 27. Prinzipal 8' 28. Großgedeckt 8' 29. Spitzgambe 8' 30. Octave 4' 31. Nachthorn 4' 32. Quinte 2 2/3' 33. Superoctave 2' 34. Kornett (vacat) 5f 35. Mixtur 4f 2' 36. Trompete 8' 37. Clairon (vacat) 4' 38. III/II 16' 39. III/II 4' 40. III/II 41. I/II |
42. Geigenprinzipal 8' 43. Rohrflöte 8' 44. Salicional 8' 45. Vox coelestis 8' 46. Fugara 4' 47. Rohrflöte 4' 48. Nasat 2 2/3' 49. Waldflöte 2' 50. Terz 1 3/5' 51. Scharffmixtur 4f 2' 52. Dulcian 16' 53. Trompette 8' 54. Oboe 8' 55. Tremulant 56. III 16' 57. III 4' |
Eberhard Friedrich Walcker (1963), Umbau: Klaus Kopetzki (1999)
Elektronische Setzeranlage mit 4x8x8x8 Kombinationen und Diskettenlaufwerk
Rollwalze, Schwelltritt III. Manual
Schleifladen, mechanische Spieltraktur, elektrische Registertraktur
Umfang: Manual: C-c'''', Pedal C-f
Quelle: Website "Musik am 13."
Rosette
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"...Die Rosette über dem Westportal zeigt in 16 Segmenten Engel mit verschiedenen Musikinstrumenten. Die Rosette erscheint so im Thema wie auch in der Form der Orgel harmonisch zugeordnet." (Kirchenführer)
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Rosette Einzelbilder (im Uhrzeigersinn)
Wandgemälde (1906) von Rudolf Yelin d. Ä.
Wandgemälde Yelin - Detailbilder
Schiff & Chor · Details
A Wandgemälde, 1906, von Rudolf Yelin d. Älteren: „Erste Leidensankundigung" und „Kreuztragung"
B Grabplatte des Magisters Julius Friedrich Schickhardt, 1679 -1735
C Renaissance-Epitaph des Cannstatter Vogtes Johann Mayer, gestorben 1592
D Chor-Altar
E Chor-Orgelpositiv
F Mahnmal von Rudolf Yelin d. Jüngeren
G Kanzel
H zeitgenössischer Andachtsaltar
I Taufstein von 1859
K Der Triumphbogen trennt den Chor vom Schiff. Neugotischer Kruzifix von 1859
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Der Chor besteht aus zwei ungleich langen Vorjochen, denen sich im Osten ein fünfseitiges Chorpolygon anschließt. Das spätgotische Rippengewölbe befindet sich in originalem Zustand. Die Gcwölbefiguration mit drei zentralen Sternfiguren zeichnet sich durch eine große technische und ästhetische Einheitlichkeit aus und ist ein Höhepunkt im Werk Aberlin Jörgs. Er hat sich mit seinem Sternenwappen im östlichsten Schlußstein des Chores verewigt. Seitlich befinden sich die Schilde der beiden Nebenmeister, die den Bau vor Ort leiteten.
Kreuzrippengewölbe im Chor
Die spätgotischen Schlußsteine
Der Begriff Schlußstein bezeichnet bautechnisch den letzten Stern im Scheitel eines Gewölbes, der die Wölbung nach oben abschließt. Gemäß seiner konstruktiven und ästhetischen Bedeutung wird er in der Spätgotik mit farbig gefaßten, figürlichen Reliefs verziert
Die Schlußsteine im Chorgewölbe, im Turmerdgeschoß und in der Sakristei sitzen an ihren ursprünglichen Stellen. Die heute an den Seitenwänden eingemauerten fünf Schlußsteine stammen aus dem originalen, 1791 abgebrochenen Langhausgewölbe. Sie wurden 1905 an ihren jetzigen Standorten eingesetzt.
Glocken
Das Geläute der Stadtkirche besteht aus 5 Glocken in der Glockenstube des Turmes. Dazu kommen noch 3 Schlagglocken in der Laterne des Turmdaches. Diese sind schwer zugänglich und deshalb nicht genau vermessen.
Die Schlagglocken:
1. Unbezeichnet. 14. Jahrhdt. ca. 62 cm Dm. H?
„LVCAS MARCVS MATEVS SANCTUS IOHANNES"
2. Dm. ca. 52 cm, H?
„M HANS MILLER IN ESSLINGEN GOS MICH IM 1614 IAR"
3. Dm. 48 cm, H?
„lvx marx iohanes und mathevs
er gos mich pantilon sidler zvo essling 1506"
Das Geläute:
1. Totenglocke, 1612, Hans Miller, Eßlingen.
Ø 157,5 cm H. 125 cm, 2490 kg, eis
„ZV DER EHRE GOTTES LEITE ICH M HANS MILLER GOS MICH
ICH BIN DIE WAHRHAIT UND DAS LEBEN NIEMANT KOMBT ZV DEM VATTER DEN DVRCH MICH"
2. Verkündigungsglocke, 1987, Petit u. Gebr. Edelbrock, Gescher. Ø 136 cm, 1380 kg, dis
„O Land, Land, höre des Herrn Wort."
„Dein Wort ist die Wahrheit."
3. Betglocke (alt), unbezeichnet (um 1359).
Ø 111 cm, H. 87,5 cm, 920 kg, fis. Meister der Bönnigheimer Glocke.
+ LVCAS + MARCVS + MATHEVS + JOHANNES + AVE + MARIA + DEVS +
4. Betglocke (neu), 1949, Ø 99 cm, 648 kg, gis, Heinrich Kurtz, Stuttgart.
„Seid fröhlich in Hoffnung, Geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet."
5. Taufglocke, 1949, Ø 88,2 cm, 452 kg, ais, Heinrich Kurtz, Stuttgart.
„Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht."
Impressum
Stadtkirche Stuttgart - Bad Cannstatt fotografiert am 09.10. + 23.10.2014
Auf www.kirchen-online.com veröffentlicht am 14.12.2014
(c) 2014 Foto-Kunst Andreas Keller
Links zuletzt überprüft am 03.06.2022
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