Rabius · St. Mariae Geburt
Bei Erwin Poeschel wird kurz und knapp berichtet:
"Von einer Kapelle zu Rabius - mit dem Titel St. Maria — erfahren wir erstmals bei der Visitation von 1643 (BA.). Ein umfassender Neubau war offenbar 1669 vollendet (1), wurde aber erst am 22. Juni 1683 z. E. der Jungfrau Maria mit drei Altären geweiht (Pf. A. Somvix, Nr. 17). Beim Dorfbrand vom 5. März 1886 beschädigt. Gelegentlich der Wiederherstellung Errichtung eines Turmes als Ersatz für den ehemaligen Dachreiter. 1928 Neubau und Vergrösserung der ganzen Kirche unter Verwendung von Teilen der westlichen Langseite."
Wichtige Daten in der Kirchengeschichte
Die Bewohner von Rabius, wenn auch nur wenige, haben in den Jahren 1677-78-79 eine schöne und solide Kirche mit drei Altären, als Kapelle der ehrwürdigen Mutterpfarrei Somvix gebaut. Am 23. Juni 1683 hat Bischof Ulrich VI (de Mont de Vella) die Kirche geweiht. Sie ist der Allerheiligsten Jungfrau Maria geweiht. Kirchweihtag ist der 8. September,
Das Bild am Hauptaltar ist eine Kopie des berühmten Bildes der Muttergottes in der Kapelle in Acletta, ein Werk des Malers Nuvolone. 1687 hat Fridolinus Eggert, Bruder und später Pater des Klosters Disentis, dieses Bild für die Pfarrei Rabius kopiert.
Die Seitenaltäre sind ein Geschenk von Jacob Tgetgel. Einer ist dem allerheilgsten Namen Jesu geweiht, das andere der Jungfrau Maria.
1836 sind einige Veränderungen und Reparaturen an der Kirche und in der Sakristei vorgenommen worden.
Der Dachreiter mit seinen 2 Glocken wurde das Opfer des Brandes am 5. März 1886. Der Kirchturm wurde von G.A. Beer nach dem Plan von Calonder, Ilanz, errichtet. Die drei Glocken wurden von der Firma Grassmayer von Feldkirch gegossen -sie sind auf f, as und c gestimmt.
In den Jahre 1928 – 1929 ist die Kirche einer gesamten Restaurierung unterworfen worden.
1966 hat man das Innere der Kirche weiss gestrichen
Zur 100jährigen Feier der Eigenständigkeit der Pfarrei (2001) wird das Innere der Kirche wiederum im neuen Glanz erstrahlen.
Quelle: Auszüge aus der "Cronica dalla pleiv Rabius 1901 - 2001" (Download)
Herzlichen Dank an Mario Schwarz für die Übersetzung des Textes ins Deutsche
Detaillierte Informationen in
HANS BATZ, Die Kirchen und Kapellen des Kantons Graubünden:
Band 8, Seite 144 - 147
sowie
ERWIN POESCHEL, Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden:
Band IV · Birkhäuser Verlag Basel 1942, S. 407 + 408.
Text siehe links
mit freundlicher Genehmigung des heutigen Rechteinhabers
Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Bern
Im Internet
wird die Geschichte der Kirche 1901 - 2001 zum Lesen & Download angeboten (Cronica 1901-2001 / nur in räto-romanisch). Ansonsten keine Hinweise mit Ausnahme einer englisch-sprachigen Wikipedia-Seite, zuletzt am 04.09.2016 bearbeitet, wo es u.a. heißt:
There are various hotels and restaurants here. the church is rather grubby as it is stained.
Das Deckenfresko (und Ausmalung des Chorbogens - nicht mehr erhalten) sowie 8 Kirchenfenster gestaltete Ende der 1920er Jahre der Künstler Augustin Meinrad Bächtiger. Informationen über ihn im Internet siehe unten Ziff. 8 + 9.
Das Jahr 2000 / 2001
markiert einen erheblichen Einschnitt in der Kirchengeschichte, da - gegen den Willen des Bistums - die Kirchengemeinde eine radikale Sanierung beschloß und realisierte. Die bislang an der Chorschulter aufgestellten Seitenaltäre wurden entfernt, die Statuen in Nischen aufgestellt, die Kirche weiß getüncht. Entsprechend nüchtern war der Eindruck.
2016 wurde dies teilweise zurückgenommen: die Seitenaltäre kamen wieder an ihrem angestammten Platz. Der Eindruck ist noch immer sehr nüchtern, aber nicht mehr gar so abweisend wie zuvor...
Hans Batz beschreibt ausführlich die Kirche im Jahr 2004 (Hinweis siehe oben) - damit in einem Erscheinungszustand, der heute nur noch über Fotos nachvollziehbar ist.
In der Cronica Rabius 1901-2001 (Auszüge & Link siehe links) findet man einige Bilder des Innenraums vor 2001, woraus der Immense Verlust an künstlerischer Ausgestaltung sichtbar wird. Siehe unten (9) Vergleich 18. Jh / Anfang 20. Jh / 2001 / 2016.
Bislang in keiner anderen Kirche der Surselva gefunden:
Acht Fenster mit den Seligpreisungen (s.u. 8)
1 · Außen
Leuchttisch (34 Bilder): Klick in ein Bild öffnet ihn und zeigt die Bilder groß
2 · Innen Überblick
Bildnummern in der Diashow:
2.01 - 04: Blick zum Chor / zur Orgel
2.05 - 10: Orgel / Details:
2.08: Registerzüge
2.09: offener Blasebalg
2.11 - 14: Hängekreuz
2. 15 - 17: neuer Tabernakel (unter Kanzelzugang)
2.18 - 20: Nische mit Taufbecken am Eingang links
2.21: Hl. Antonius (neben Kanzel)
2.23 + 24: Deckengemälde (Hl. Dreifaltigkeit Heilig-Geist-Taube, Engel mit Schriftbändern) von Augustin Meinrad Bächtiger (1928/29)
3 · Kanzel
Die Kanzel ist gebaucht und mit Rocaille geschmückt. In den Füllungen Figuren in Hochrelief (Apostel und Heilige) 3.04 - 07; um 1760—1770.
3.08 + 09: Heilig-Geist-Taube
3.10 - 12: Posaunenengel auf der Kanzel
3.13 + 14: Kanzelkreuz
4 · Linker Seitenaltar · Marienaltar
Die Seitenaltäre sind Pendants und im Aufbau zum Hochaltar abgestimmt; im originalen Teil weisen auch sie Knorpelwerk auf, während der die Nischen mit den (neuen) Figuren umrahmende Akanthus eine spätere Zutat ist. Die Giebelbilder stammen vermutlich auch von Fr. Eggert, das westliche (Evangelienseite, da die Kirche nach Norden gerichtet ist) stellt Jakobus d. Ä. dar, das östliche St. Rochus; beide mit Wappen (Hausmarke) und Inschrift des Stifters: „Jakobus Tgeighiel" (Tgetgel); datiert 1687.
4.02 - 04: Antependium mit den 10 Gesetzestafeln
4.05 - 07: Muttergottes mit Jesuskind (20. Jh)
4.09: Jakobus d. Ä.
5 · Hochaltar
Der Hochaltar ist ein Aufbau aus Säulen mit Gehängen, flankiert von kleinen Seitenteilen mit den Figuren von St. Luzius und Placidus; vor den Pilastern des Giebels St. Jakob d. Ä. und Joseph. Die Ornamentik besteht aus prallem Blattwerk und Elementen des Knorpelstils. Das Altarblatt ist in Anlehnung an die Immakulata von Acletta bei Disentis komponiert, bewegt sich jedoch im Gegensatz zur Farbenkraft des Originals in trüben braunen und grauen Tönen. Kompositorisch unterscheidet es sich dadurch, dass Maria hier das Kind auf dem Arm trägt, was dem Typus des Immakulata-Bildes nicht entspricht. Signiert: „B. Fridolinus Eggert conversus Dissertinensis pinxit 1687" (l). Von gleicher Hand das Giebelbild: Ruhe auf der Flucht.
5.03 - 05: Antependium mit Marienmonogramm
5.06 + 07: Tabernakel
5.08: Hl. Lucius
5.09 + 10: Muttergottes
5.11: Hl. Placidus
5.14: Hl. Josef
5.15: Ruhe auf der Flucht
5.16: Hl. Jakobus d. Ä.
6 · Rechter Seitenaltar · Herz Jesu Altar
Die Seitenaltäre sind Pendants und im Aufbau zum Hochaltar abgestimmt; im originalen Teil weisen auch sie Knorpelwerk auf, während der die Nischen mit den (neuen) Figuren umrahmende Akanthus eine spätere Zutat ist. Die Giebelbilder stammen vermutlich auch von Fr. Eggert, das westliche (Evangelienseite, da die Kirche nach Norden gerichtet ist) stellt Jakobus d. Ä. dar, das östliche St. Rochus; beide mit Wappen (Hausmarke) und Inschrift des Stifters: „Jakobus Tgeighiel" (Tgetgel); datiert 1687.
6.02 - 06: Antependium mit Kelch und Hostie
6.05 - 07: Herz Jesu Statue (20. Jh)
6.09: St.. Rochus
7 · Kreuzwegstationen
beginnen vorne an der Ostwand, 1 - 7, Stationen 8 - 14 auf der Westwand von hinten nach vorne. Eine große Anzahl von Kreuzwegdarstellungen verbunden mit grundsätzlichen Informationen finden Sie auf www.kirchen-online.org
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8 · Fenster
Zwei Fenster im Chor zeigen die Hl. Theresa und den Hl. Antonius. Dazu beispielhaft eins der Oculi mit kleinem Stuckornament darüber an der Westwand, Orgelempore - all diese ohne künstlerischen Wert.
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Bemerkenswert jedoch sind die Fenster im Schiff. Sie zeigen Bilder zu den Selig-preisungen, welche zu Beginn der Bergpredigt im Matthäus-Evangelium Kapitel 5 - 7 stehen.
Ich danke Iso Tuor für die korrekte Zuordnung der dt. Texte aus Mt. 5, Verse 3 - 10 zu den romanischen Bildunterschriften.
Die Fenster-Nummerierung korrespondiert mit dem Grundriss oben.
Die Entwürfe zu den Fenstern stammen bereits aus dem Jahr 1914: Bächtiger hatte sie zur Schweizerischen Landesausstellung in Bern eingereicht und damit großen Erfolg und Anerkennung errungen.
Leben und Werk von Augustin Meinrad Bächtiger wird ausführlich im Internet dargestellt. So auf Wikipedia und auf einer Website des Augustin Meinrad Bächtiger-Archivs. Frau Beata Ebnöther danke ich sehr herzlich für Hintergrundinformationen, die sie im Archiv recherchiert hat:
"Pfr. F. Capaul von Rabius und die Kirchen-Kommission erteilten Bächtiger im Juni 1928 den Auftrag, er fertigte sodann Entwürfe an. Diese wurden dann dem Bischof zur Begutachtung vorgelegt. Von den 8 Seligkeiten wird nicht gesprochen, einfach der Text rätoromanisch sein soll.
Bächtiger hatte in der Surselva als Kirchenmaler gewirkt, Aquarelle und Ölbilder gemalt. Von 1919-1921 lebte er in Samedan im Engadin, deshalb erlernte er die rätoromanische Sprache."
Aus Anlaß des 125. Geburtstags des Künstlers (2013) erschien ein großer Artikel im Tagblatt Ostschweiz.
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Leider sind in allen Quellen die Fenster in Rabius nicht erwähnt.
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F1: Beai quels della pasch
Vers 9 Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
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F2: Beai quels che bragian
Vers 4 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
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F3: Beai ils paupers el spert
Vers 3 Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr.
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F4: Beai quels d’in schuber cor
Vers 8 Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
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F5: Beai quels che han fom e seit per la giustia
Vers 6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
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F6: Beai ils misericordeivels
Vers 7 Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen
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F7: Beai quels che vegnan persequitai per amur della giustia
Vers 10 Selig sind, die um Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn das Himmelreich ist ihr.
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F8: Beai ils migeivels
Vers 5 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
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Die letzte der Seligpreisungen (Mt. 5, 11) fehlt bei den Fenstern in Rabius:
Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, so sie daran lügen.
9 · Veränderungen im 20. und 21. Jahrhundert
Wie eingangs beschrieben wurde die Kirche in ihrer Ausstattung / Ausmalung großen Veränderungen unterworfen, die vor allem Rückschlüsse auf die jeweilige Zeit erlauben und - aus heutiger Sicht - eine erstaunliche Respektlosigkeit vor den Arbeiten der Vorfahren beweisen...
Nachfolgend 4 Bilder, die dies verdeutlichen:
9.01 zeigt den heutigen Zustand (2019)
9.02 ist der "Cronica 2001" entnommen, Bildqualität leider miserabel - dazu aus der Cronica: "Im Jahre 1724 hat «meister-maler Jacob Rieg» die Kirche mit 13 Bildern ausgeschmückt. Diese haben die Kirche 200 Jahre geziert bevor sie 1928 durch die Bilder von A. Bächtiger ersetzt wurden."
9.03 (ebenfalls aus der "Cronica 2001") zeigt, wie all dies vernichtet und durch zeitgenössische / zeitgemäße Malerei (Bächtiger 1928/29) ersetzt wurde. Auszug aus der Cronica: "In den Jahre 1928 – 1929 ist die Kirche einer gesamten Restauration unterworfen worden. Die Einweihung vom 13. Oktober 1929 ist pompös und festlich gefeiert worden. Bischof Antonius Gisler zelebrierte das Pontifikalamt. Kanonikus Placi Sigisbert Deplazes beschreibt den Verlauf auf Seite 78 und 79 in der «Chronica da sur Soler»."
9.04 (aus der Kirchenbeschreibung von Hans Batz 2004) dokumentiert, wie "Bächtiger 1928/29" weiß übertüncht wurde, dazu die Seitenaltäre rausgenommen und die Altarfiguren in Rundbogennischen aufgestellt wurden. Lt. Batz wurden die Bilder von Bächtiger im Zuge der Renovierung 2001 übertüncht. Dies ist wahrscheinlich nicht richtig, denn in der Cronica heißt es: "1966 hat man das Innere der Kirche weiss gestrichen und die Bilder, die das Innere des Altares teilweise zu stark dominierten, übermalt. Nur das Deckengemälde erinnert noch an den Maler A. Bächtiger.
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Zur 100jährigen Feier der Eigenständigkeit der Pfarrei wird das Innere der Kirche wiederum im neuen Glanz erstrahlen. Nach dem Projekt der Architekten Aluis Huonder und Mario Bearth hat unsere Kirche einen festlicheren und helleren Glanz erhalten. Etliche Pfarreimitglieder vermissen jedoch die Schnitzereien vom verstorbenen Tumaisch Deplazes aus Rabius. Sein Onkel, Pfarrer Tumaisch Deplazes, der viele Jahre in Andiast war, hatte ihn auf diesem Gebiet (in diese Kunst) angewiesen. Die Einweihung zum 100-jährigen Jubiläum wird am 13. Mai 2001 gefeiert."
9.01 (ab 2016): Seitenaltäre wieder aufgestellt. Aber weiterhin auf jede Ausschmückung des Chores und des Chorbogen verzichtet.
Augustin Meinrad Bächtiger (1888–1971)
Von der umfangreichen Arbeit von Bächtiger blieb das Deckenfresko (s.o. 2) und die 8 Fenster mit den Seligpreisungen.
Besten Dank an Beata Ebnöther für dies Foto von Bächtiger, das ihn bei seiner Arbeit in der Kirche St. Mariae Geburt zeigt.
Impressum
Pfarrkirche St. Mariae Geburt in Rabius fotografiert am 02.10. + 07.10.2019
Auf www.kirchen-online.com veröffentlicht am 04.04.2020 (142 Bilder) SDG
(c) 2020 Foto-Kunst Andreas Keller.
Externe Links überpüft: 06.05.2022
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