Tübingen · Schlosskirche Materialien

MONUMENTALBILDNIS DES KAISERS AUGUSTUS

(geb. 63 v. Chr.; Regierungszeit 30 v. Chr. bis 14 n. Chr.)

Marmor aus Luni (Carrara); Höhe: 1,90 m; Gewicht: ca. 100 Zentner

Das Bildnis stellt Kaiser Augustus im sogenannten „Prima-Porta-Typus" dar und gehörte zu einer etwa 10,5 m hohen Statue (Abb. 1). Es ist der größte erhaltene antike Marmorkopf nördlich der Alpen und das größte erhaltene Bildnis des Augustus überhaupt. Der Kopf wurde während des Hochwassers im Frühjahr 1994 im Flussbett des Hausbaches von Weiler im Allgäu, 20 km östlich von Lindau (Bodensee) gelegen, freigespült. Wahrscheinlich stammt er aus der römischen Tempelanlage (Abb. 2) auf der Anhöhe zwischen dem Enschenstein (Menschenstein) und Obertrogen (Abb. 3) in 840 m Höhe und gelangte durch Erdrutsche und Flutwellen in den Hausbach und dann nach Weiler. Die Archäologen vermuten, dass der Bau dieser Anlage zusammenfällt mit dem Besuch, den Kaiser Augustus Rätien im Jahre 7 n. Chr. abstattete. Der römische Schriftsteller Suetonius berichtet (Vita Aug. Kap. 88, 171 ff.), dass der Kaiser im Spätsommer den Ort Brigantium (Bregenz) verließ, um der Via Decia folgend nach Cambodunum (Kempten) zu gelangen:
„Dabei machte er auch Halt in dem Ort VILARIUS (Weiler?), um das ihm geweihte Heiligtum LAPIS HOMINIS (Menschenstein) zu besichtigen. Er lobte die schöne und gewaltige Ausführung und versprach den Bewohnern, eine Kolossalstatue zu stiften. Des Abends kehrte er in VILARIUS ein und übernachtete dort in einer VILLA."

TÄUSCHEND ECHT!
Tatsächlich besteht der monumentale Kopf des Kaisers Augustus aus weißem Carrara-Marmor. Mit einer Höhe von 172,5 cm und einer Breite von 117 cm hat er ein Gewicht von etwa 5000 kg. Die neuzeitliche Produktion kopiert den bekannten Kopf der Augustus-Statue von Primaporta (Rom, Vatikanische Museen) in fünffacher Vergrößerung. Geschaffen wurde der Monumentalkopf 1992-94 von den Steinbildhauern Michael Pfanner und Hartmut Schmid sowie den Steinmetzen der Firma Dr. Pfanner GmbH in Scheffau/Allgäu.

Der Kopf mit seinen konstruierten Fundumständen ist eine moderne Kunstinstallation, die virtuos mit der Wissenschaftsgläubigkeit unserer Zeit spielt und gewohnte Wahrnehmungsmuster aufbrechen will. Die hohe Qualität der Ausführung unter Verwendung antiker Techniken lässt den Kopf als Paradebeispiel einer Antikenrezeption erscheinen, die auf dem schmalen Grat zwischen Rekonstruktion und Täuschung angesiedelt ist.

Quelle: 2 Tafeln - Sockel Südseite und Kopf-Rückseite

Zur Täuschung siehe auch Website von Christine Jakobi-Mirwald. Nach unten scrollen zu "Nugae" (Scherz, Unfug, Dummheiten, Lappalien.) --> Zu einem Monumentalbildnis des Kaiser Augustus